Aus dem Bündnis hinter den Stacheldraht
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Das Buch behandelt ein Kapitel deutsch-italienischer Geschichte, das vor dem Hintergrund der intensiven historischen Verflechtungen in beiden Ländern noch zu wenig Beachtung durch die Zeitgeschichtsforschung fand. Die wissenschaftliche Fragestellung konzentrierte sich bisher vorwiegend auf die Beschäftigung von Ausländern in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches oder auf die Entwaffnung der italienischen Soldaten und ihren Weg als sog. Militärinternierte in deutsche Straflager. Die Untersuchung des Phänomens, dass italienische Bürger als Angehörige eines bis September 1943 mit Deutschland verbündeten Staates nach dem Bruch dieses Bündnisses in deutsche Konzentrationslager kamen, befindet sich hingegen noch in den Anfängen. Das Buch widmet sich der Erforschung des Schicksals dieser Menschen und behandelt zunächst ihren Weg aus Italien in das KZ Dachau. Die Gründe für die Deportation nach Dachau und eine Beschreibung unterschiedlicher Häftlingskategorien stehen im Vordergrund. Der Blick richtet sich anschliessend auf eine Datenbank, die die Verfasserin - basierend auf 24 italienischen und deutschen Quellenkomplexen - in mehrjähriger Arbeit erstellte. Sie liefert Informationen zur Gesamtzahl von mehr als 10.000 italienischen Häftlingen in Dachau. Aufgrund der breiten Anlage der Datenbank sind detaillierte Angaben zu den einzelnen Häftlingen von der Verhaftung bis zum Ende ihres Aufenthalts in Dachau möglich. Die vielseitigen Auswertungsmöglichkeiten der Datenbank werden statistisch aufgezeigt und mit Hintergrundinformationen ergänzt. Eine Fallstudie über das sog. Adriatische Küstenland veranschaulicht die Ergebnisse der Auswertungen und rekonstruiert anhand herausragender Quellenfunde die Vorgeschichte der künftigen Dachauhäftlinge vor der eigentlichen KZ-Haft, d. h. den Mechanismus von Verhaftung, Haft, Verhören und Einweisung nach Dachau. Über die Gefangenschaft selbst zeigt eine Analyse der vielfältigen autobiographischen Zeugnisse der Häftlinge, die die wenigen noch erhaltenen gleichzeitig überlieferten Originaldokumente aus dem KZ Dachau ergänzen, dass sich die Stellung der Italiener von der anderer Nationalitäten unterschied. Die Beschreibung prägender Eindrücke im Lageralltag gibt eine Vorstellung vom Schicksal der Italiener in Dachau. Dazu zählt auch die Behandlung der von ihnen geleisteten Zwangsarbeit in ausgewählten Arbeitskommandos und Aussenlagern. Ausserdem werden die Formen des Widerstands von italienischer Seite beschrieben und eingeordnet. Die dramatischen Tage vor der Befreiung des Lagers am 29. April 1945 und die Gründung und Aufgaben eines italienischen Nationalkomitees nach der Befreiung sind ebenso Gegenstand der Betrachtung wie die nach der Befreiung erschienene Lagerzeitung „Gli Italiani in Dachau“. Den Abschluss bildet ein Überblick über die schwierige Zeit nach der Rückkehr nach Italien, die Gründung einer eigenen Organisation und die aktuellen Entschädigungszahlungen. Das Schicksal der Italiener in Dachau reicht in seinen vielfältigen Konsequenzen bis in die Gegenwart.