Möglichkeiten und Grenzen der Diagnostik in der Umweltmedizin

Bisher konnte mehrheitlich nur bei bis zu 10% der Patienten, die eine Umweltmedizinische Ambulanz/Beratungsstelle konsultierten, ein kausaler Zusammenhang zwischen den vorgebrachten Gesundheitsstörungen und ermittelten Expositionen nicht ausgeschlossen werden. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass tatsächlich kein kausaler Zusammenhang zwischen den Beschwerden von Patienten mit umweltbezogenen Gesundheitsstörungen und Expositionen in ihrem Lebensumfeld besteht. Andererseits kann dieser Tatbestand in Defiziten der Diagnostik umweltbezogener Gesundheitsstörungen begründet sein. Zu den umweltbezogenen Syndromen Multiple Chemical Sensitivity (MCS), Idiopathic Environmental Intolerances (lEI), Siek Building Syndrome (SBS), Chronic Fatigue Syndrome (CFS), Candida Syndrome (CS), Burnout Syndrome (BS) und den sogenannten umweltbezogenen somatoformen Störungen fehlen grundlegende Kenntnisse zur Ätiologie, Pathologie, Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie, Prognose und Prävention. Hauptproblem ist, dass bislang keine ausreichend validen diagnostischen Methoden zur Objektivierung und Quantifizierung der geklagten Beschwerden zur Verfügung stehen. Für das SBS konnte ein diagnostischer Algorithmus entwickelt werden. Valide Erkenntnis zu den bereits in mehreren publizierten Studien unter epidemiologischen Feldbedingungen als auch unter human-experimentellen Bedingungen eingesetzten Untersuchungsmethoden zur objektiven Wirkungserfassung konnten nicht gewonnen werden, da diese Studien diverse methodische Probleme aufweisen. Die Diagnose MCS kann nur dann gestellt werden, wenn auf der Basis eines bio-psycho-sozialen Verständnisses mögliche andere Ursachen für das geklagte Beschwerdebild nach adäquater Differentialdiagnostik ausgeschlossen wurden. Auf dieser Basis wird ein diagnostischer Stufenplan vorgeschlagen.