Kann ein Mensch dabei untätig bleiben?
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Während er deutsche Offiziere im Militärkrankenhaus behandelte, erfuhr der bulgarische Arzt Dr. Pavel Gerdjikov von den Depor tationsplänen der bulgarischen Regierung. Zwar nahm er die Rolle des vertrauenswürdigen Arztes mit exzellenten Deutschkenntnissen ein, doch er verachtete den Antisemitismus und die NS-Ideologie zutiefst. Acht Monate lang versteckte er eine befreundete jüdische Familie in seiner Wohnung, fälschte Personalausweise, stahl Formulare bei der Polizei und rettete jüdische Kinder aus Deportationszügen. Pavel Gerdjikov war einer von vielen mutigen Menschen, die Hilfe für verfolgte Juden in Bulgarien leisteten, jedoch wurden bisher nur wenige Fälle dokumentiert und veröffentlicht. Neun ganz unterschiedliche Geschichten über Hilfsaktionen für Juden in Bulgarien wurden für die vorliegende Publikation rekonstruiert und können somit zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Sie zeigen Aspekte der antijüdischen Politik Bulgariens in den Jahren 1940 bis 1944 und machen die Geschichte greifbar. Anschaulich vermitteln sie einen Eindruck von der breiten zivilgesellschaftlichen Solidarität mit den Juden. Die historischen Fakten um Bulgariens Beteiligung am Zweiten Weltkrieg und an der Judenverfolgung sind in Westeuropa noch wenig bekannt: Im Unterschied zu den meisten europäischen Ländern fiel die einheimische jüdische Bevölkerung dem Holocaust nicht zum Opfer, obwohl das Land ein freiwilliger Kriegsverbündeter von Deutschland war. Die bulgarischen Juden überlebten, dagegen wurde in den von Bulgarien okkupierten Gebieten die gesamte jüdische Bevölkerung unter Aufsicht der bulgarischen Behörden deportiert und ermordet – zwei Kapitel der Geschichte, die nicht gegensätzlicher sein könnten.