Heinze–Fest-Ouvertüre_Edition
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Gustav Adolf Heinze (1821–1904) kombinierte in seiner „Fest-Ouvertüre in Form einer Fantasie“ den protestantischen Choral „Nun danket alle Gott“ mit zwei weiteren musikalischen Gedanken. Vor allem ein zu Beginn der Komposition vorgestelltes viertaktiges Thema beziehungsweise dessen motivische Bausteine prägen weite Teile der Komposition, die aus einem langsamen und einem schnellen Teil besteht, entscheidend. Es ist äußerst festlich gehalten und erinnert mit seinem fanfarenartigen Gestus an gattungsgeschichtlich frühe Ouvertürenkompositionen. Ihm gegenüber nimmt eine zweite musikalische Idee lediglich eine Randfunktion ein. Heinze legte die Themen der „Fest-Ouvertüre“ so an, dass sie nicht nach Verarbeitung streben. Aus diesem Grund existiert in ihr auch kein Formteil, den man als Durchführung bezeichnen könnte. Vielmehr wird der festliche Charakter der Komposition auf vielfache Weise neu beleuchtet. In diesem Licht ist auch die Aufnahme des protestantischen Chorals „Nun danket alle Gott“ zu sehen. Das religiöse Element bildet hier keinen Gegensatz zur Sphäre des Säkularen, sondern ist ein weiterer In- tensivierungsfaktor des Jubelns auf einer anderen Ebene. Welche Intention Heinze mit der Aufnahme ausgerechnet dieses Chorals hatte, ob die Melodie etwa als „Choral von Leuthen“ anklingen sollte, ob es einen Entstehungsanlass oder gar einen Kompositionsauftrag für die „Fest-Ouvertüre“ gab oder welche privatreligiösen Einstellungen des Komponisten zur Entstehung und Gestaltung der Komposition beitrugen, kann aus heutiger Sicht nicht beantwortet werden. Heinze bewegt sich mit der tendenziellen Beliebigkeit, mit der musikalische Gedanken und einzelne Abschnitte hintereinander gereiht sind, in dem Bereich, den man seit dem 18. Jahrhundert gemeinhin mit dem Begriff „Fantasie“ verbunden hat.