Herrschaft macht Geschichte
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Wer Geschichte als ein empirisches Vorkommnis begreift, das in positivistischer Neutralität objektiv zu beschreiben ist, verkennt ganz wesentlich ihren politischen Charakter. Geschichte ist stets Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse, sie entsteht im Medium ihrer Darstellung. Und die ist durchaus höchst widersprüchlich. Wenn wir von Geschichte reden, dann legen wir ihr einen doppelten Sinn bei. Zum einen können wir ihr angesichts ihrer Faktizität nicht entrinnen. Zum anderen aber bedeutet diese Faktizität fast nichts ohne Deutung und Erläuterung, ohne Kommentar und Sinnstiftung. So ist es nicht einerlei, ob wir von Herrschergeschichte oder von Mentalitäts- und Sozialgeschichte sprechen, ob wir einer geschichtsmaterialistischen Interpretation folgen oder ob wir Geistes- und Ideengeschichte betreiben. Und ein weiteres kommt hinzu. Es ist nämlich keineswegs unwichtig zu klären, in wessen Namen Geschichte geschrieben wird. Im Namen von Schwarzen Menschen, von Frauen, von kolonialisierten Völkern, von Schwulen, Lesben und transidentifizierten Menschen, von Menschen mit Behinderung, von Menschen jüdischen und islamischen Glaubens, im Namen der Armen? „HERRSCHAFT MACHT GESCHICHTE“ ist daher als kritischer Einwand gegen die gegenwärtig zu beobachtende Komplexitätsreduktion der ohnehin eher bruchstückhaften Vermittlung von Geschichte an den Schulen und Hochschulen zu verstehen.