Der Sommer nach dem Jahrhundertsommer

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Bodo Kirchhoff ist bekannt für die erzählerische Qualität seiner Romane sowie für die Dichte und Schärfe seiner Erzählungen, die hier erstmals in einem Band versammelt sind, einschließlich mehrerer unveröffentlichter Geschichten und drei Erzählungen aus der Gegenwart. Chronologisch geordnet, bieten die Erzählungen Einblicke in Kirchhoffs Frühwerk, das in seiner Radikalität in der deutschsprachigen Literatur einzigartig ist und polarisiert, wie in „Die Einsamkeit der Haut“, wo er die Käuflichkeit von Liebe sezierend betrachtet. Später zieht er in „Dame und Schwein“ andere Register, verbindet spielerisch Sprache und Eros in einem eleganten, ironischen Reigen. Auch die Erzählkunst in „Ferne Frauen“ und „Katastrophen mit Seeblick“, die am Gardasee spielt, ist meisterhaft. Die unveröffentlichten Texte zeigen einen Autor, der zunehmend über das Leben und die Beziehungen nachdenkt. In den neuen Erzählungen thematisiert er Ehe, Familie und die Einzigartigkeit des Moments, wie in „Junge Katzen“, einer bewegenden Momentaufnahme eines Vaters mit seiner Tochter. Kirchhoffs Kunst kulminiert in der titelgebenden Erzählung, in der ein Ehepaar nachts auf dem Balkon ihres Ferienhauses mit sich selbst beschäftigt ist, während unten Einbrecher agieren. Das sich zuspitzende Drama wird am Ende nur durch ein Wunder gelöst, wobei Kirchhoff meisterhaft das Wunder erklärt und dennoch geschehen lässt.