Peter Raabe
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1935 ließ sich der 62-jährige Peter Raabe von Joseph Goebbels zum Präsidenten der Reichsmusikkammer ernennen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits knapp 40 Jahre als Dirigent und Musikschriftsteller gewirkt und sich in Verbänden und Vereinen musikpolitisch engagiert. Vor allem während der zwanziger Jahre hatte er ein stark polarisiertes Kulturleben im Spannungsfeld von Tradition und Moderne erlebt und war Zeuge erbitterter Kulturkämpfe geworden. Seine in diesen Jahren gewonnenen Erfahrungen führten zu ästhetischen und kulturpolitischen Überzeugungen, die er als Präsident der Reichsmusikkammer hoffte durchsetzen zu können. Doch obwohl die Künste für die Legitimation des NS-Staates und Hitlers Selbstverständnis eine große Rolle spielten und gerade der Musik bei der „Ästhetisierung der Politik“ eine zentrale Funktion zukam, erfüllten sich Raabes Erwartungen nicht. Gründe hierfür sind zum einen inhaltliche Differenzen, zum anderen liegen sie im System begründet: Das Musikleben war zwar einerseits streng nach dem Führerprinzip organisiert und basierte auf Zwang und Unterdrückung, andererseits existierte jedoch ein widerspruchsvolles Geflecht von polykratischen Tendenzen. Gegenstand dieser Studie sind die Motive und Voraussetzungen für Peter Raabes kulturpolitisches Engagement vor und nach 1933. Sie beleuchtet, warum und wie Intellektuelle und Künstler den Nationalsozialismus unterstützten. Dabei werden zahlreiche Konflikte und Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der nationalsozialistischen Kulturpolitik aufgedeckt. Basierend auf einer Fülle von Quellen rekonstruiert die Autorin Handlungskontexte und Wirkungszusammenhänge, die das Musikleben im Nationalsozialismus differenziert offen legen.