Untersuchung der funktionellen Bedeutung des spannungsabhängigen Kaliumkanals KCNQ4 an transgenen Mausmodellen
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Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist bekannt, daß das erregbare Gewebe nicht nur durch elektrische Ströme regulierbar ist, sondern auch selbst elektrische Aktivität besitzt. Erst Hodgkin und Huxley ist es 1949 gelungen, am Riesenaxon eines Tintenfisches zu zeigen, daß diese Aktivität auf der zellulären Ebene mit der Selektion und regulierbaren Leitung von Natrium- und Kaliumionen verbunden ist (Hodgkin et al., 1949). Damit wurde die Existenz von Ionenkanälen postuliert. Die Entwicklung der Patch-Clamp Methode (Neher & Sakman, 1976) erlaubte den Einblick in die Funktion von einzelnen Kanälen in einzelnen Zellen. Es wurde eine Vielfalt von Strömen für jedes Ion gemessen und es wurde klar, daß nicht nur erregbares Gewebe, sondern alle Zelltypen, Ionenkanäle besitzen. Durch die Anwendung von molekularbiologischen Techniken könnte die molekulare Identität vieler Kanäle (z. B. der erste Na+-Kanal 1984 (Noda et al., 1984), der erste K+-Kanal im Jahr 1987 (Papazian et al., 1987)) entschlüsselt werden. Nunmehr ist es gelungen, mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse die Struktur der Kaliumkanäle (Doyle et al., 1998; Nishida & MacKinnon, 2002) sowie die Struktur eines Chloridkanals (Dutzler et al., 2002) zu entschlüsseln. Damit lassen sich Rückschlüsse über die Passage der Ionen durch den Kanal ziehen und die Kenntnis der räumlichen Struktur und der an der Pore beteiligten Aminosäurereste öffnet die Möglichkeit, gezielt nach pharmakologischen Ansätzen zu fahnden. Kanäle sind integrale porenbildende Membranproteine, die den passiven Transport von Ionen entlang des elektrochemischen Gradienten erlauben. Diese Gradienten werden aktiv, d. h. unter Spaltung von ATP von den ATPasen erzeugt, die Protonen oder Kali-um-, Natrium- und Kalziumionen gegen den Gradienten transportieren können. Durch die Aktivität von ATPasen wird die intrazelluläre Konzentration von Na+ niedriger, von K+ aber höher, als in der extrazellulären Flüssigkeit. Da das Zellinnere eine negative Ladung und geringe Na+-Konzentration besitzt, führt das Öffnen von Na+-Kanälen zum Einstrom von Na+ in die Zelle und zur Depolarisation durch den Anstieg der positiven Ladung in der Zelle. Das Öffnen der K+-Kanäle führt zum Ausfluß von K+-Ionen aus der Zelle und damit zur Hyperpolarisierung. Kanäle leiten die Ionen selektiv unter Berücksichtigung der Ladung und des Ionendurchmessers. Daher folgt ihrer Klassifizierung anhand der bevorzugt geleiteten Ionensorte zu Kalium-, Natrium-, Kalzium- und Chloridkanälen. Ein Kanal kann offen oder geschlossen sein: Der Übergang aus einem in den anderen Zustand bezeichnet man als Schalten (gating). Das Schalten erfolgt unter dem Einfluß von Spannung (bei den spannungsabhängigen Kanälen) oder bei der Bindung von extrazellulären bzw. intrazellulären Liganden, wie Neurotransmitter bzw. cAMP, Ca2+, ATP (bei den ligandengesteuerten Kanälen). Dieser Prozeß kann außerdem durch verschiedene Faktoren wie Ca2+, Proteinphosphorylierung, GTP-bindende Proteine, Metabolite usw. moduliert werden. Die spannungsabhängigen Kanäle können außerdem bei der offenen Pore inaktiviert werden. Dabei gehen sie in eine Konformation über, die für die Ionen nicht passierbar ist. Ich werde im folgenden auf die spannungsabhängigen Kaliumkanäle detaillierter eingehen.