Die Werteerziehung in der öffentlichen Schule
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Der Ruf nach einer wertorientierten Erziehung in der öffentlichen Schule wird umso ler, je mehr die Gesellschaft einen Werteverlust bei Kindern und Jugendlichen feststellt und beklagt. Der Staat und die Schulen sollen die Aufgaben übernehmen, denen die Elternhäuser offenbar oder vermeintlich nicht mehr gewachsen sind. Über viele Jahrhunderte war Werteerziehung zuvörderst Aufgabe des Religionsunterrichts; die so vermittelten Werte waren meist christlichen Ursprungs. Als Ende der 60er Jahre die christlichen Kirchen in der Gesellschaft an Bedeutung verloren, erreichte die schulische Wertevermittlung im Religionsunterricht immer weniger Schülerinnen und Schüler. Durch das Ersatzfach Ethik sollte anfangs diese Entwicklung aufgehalten und später der Verlust der religiösen Wertevermittlung kompensiert werden. Sowohl Religions- als auch Ethikunterricht waren zwar juristisch und pädagogisch nicht immer unumstritten, in der öffentlichen Diskussion spielte ihr Verhältnis jedoch kaum eine Rolle. Dies änderte sich mit der politischen Wende in den ostdeutschen Bundesländern. Insbesondere im verfassungsgerichtlichen Streit um den Lebenskunde-Ethik-Religionskunde-Unterricht in Brandenburg erhielten die grundgesetzlichen Vorschriften zum Religionsunterricht eine entscheidende Aufwertung. Das Bundesverfassungsgericht bereitete durch seinen Vergleichsvorschlag dieser Debatte zunächst ein Ende. Aber schon die geplante Einführung eines dem Brandenburger Modell vergleichbaren Werteunterrichts in Berlin und die darum geführte öffentliche Diskussion zeigen, dass die Existenz eines bekenntnisgebundenen Faches in der öffentlichen Schule nach wie vor heftige Emotionen auslösen kann. Gabriele Kuhn-Zuber beschäftigt sich mit der Werteerziehung in der öffentlichen Schule in umfassender Weise. Sie spannt einen Bogen von der historischen Entwicklung des Religionsunterrichts und seines Ersatzfaches über die gegenwärtige Rechtslage und den derzeitigen Diskussionsstand bis zu der zukünftigen Gestaltung der Werteerziehung in der öffentlichen Schule. Die Verfasserin entwirft das Modell eines allgemeinen pluralistischen Werteunterrichts, der im Konfliktfeld zwischen der sinkenden Bindung der Bevölkerung an die christlichen Kirchen, steigender Multireligiosität und der Verpflichtung des Staates zu religiös-weltanschaulicher Neutralität, eine überzeugende Lösung bieten kann.