Die Haftung des Analysten für fehlerhafte Wertpapieranalysen
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Das Urteil des Tribunal de Commerce de Paris aus dem Januar 2004 in Sachen Moet Hennessy Louis Vuitton (LVMH) hat die internationale Finanzwelt nachhaltig erschüttert. Zum ersten Mal wurde mit Morgan Stanley eine Großbank, deren Wertpapieranalysedepartment „tendenziöse Analysen“ erstellt und verbreitet haben soll, von einem ordentlichen Gericht verurteilt, dem betroffenen Emittenten Schadensersatz in Millionenhöhe zu leisten. Die Analysten sehen ihren Berufsstand insgesamt gefährdet: Sollte das französische Beispiel Schule machen, könnten Konzeption und Veröffentlichung von Research Reports generell retardieren. Hinzu kommen Initiativen der europäischen Legislative und der nationalen Gesetzgeber, die dem Anlegerschutz generell erhöhte Bedeutung beimessen. Die vorliegende Arbeit befasst sich anknüpfend mit der Frage, ob und wann eine Inanspruchnahme von Analysten im Falle fehlerhafter Wertpapieranalysen nach deutschem Recht möglich ist. Dies wird sowohl aus der Perspektive des Anlegers, der sich durch eine Analyse zu einer Investitions- oder De-Investitionsentscheidung veranlasst sehen kann, als auch aus Sicht des bewerteten Emittenten beleuchtet. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf etwaigen Ansprüchen Dritter, die in keiner direkten vertraglichen Beziehung zu dem jeweiligen Analysten stehen. Schwerpunkt dieser Drittersatzansprüche ist wiederum die Frage, ob die analystenbezogenen Wohlverhaltenspflichten des § 34b WpHG deliktische Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB sein können. In diesem Zusammenhang wird die bislang wenig beachtete Norm des § 34b WpHG vor ihrem europäischen wie nationalen Hintergrund ausgelegt. Um das fragile Gleichgewicht zwischen Analysten- sowie Anleger- und Emittenteninteressen zu wahren und zugleich die Funktionalität des Kapitalmarkts nicht in Frage zu stellen, orientiert sich die vorliegende Arbeit an einem kapitalmarktrechtskonformen Konzept des Ausgleichs der widerstreitenden Interessen.