Die Ukraine auf der Suche nach ihrem nationalen Stil
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Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht die Suche ukrainischer Architekten nach einem als adäquat empfundenen Nationalstil in der Architektur im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Am Beispiel des Architekten Dmytro Djacenko (1887-1942) wird dieser Abschnitt der Architekturgeschichte der Ukraine nachvollzogen und in den historisch-politischen und ideologischen Kontext eingebettet: Von den Ansätzen der Nationalbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Ende der 1920er Jahre, als die relativ liberale Phase der Ukrainisierungspolitik abgelöst wird von der Doktrin des Aufbaus der neuen sozialistischen Kultur. 1926 beginnt Djacenko mit der Errichtung der Allukrainischen Landwirtschaftsakademie in Kiev. Stilistisch rekurriert er dabei auf Formen des ukrainischen Barock. Das löst eine zunehmend ideologisch geführte Debatte über den künftigen Architekturstil der Sowjetukraine aus: Für die Befürworter verknüpft der Neobarock die Gegenwart mit dem „Goldenen Zeitalter“ der eigenen Historie. Für die Gegner ist er Ausdruck eines anachronistischen Nationalismus, dessen Vertreter zu Feinden der neuen Ära erklärt werden. Die Suche nach einem Nationalstil in der Architektur spiegelt das Bedürfnis und Streben der geistigen Elite nach einer ukrainischen Nationalkultur und dem Recht auf eine eigene Geschichte in der Gegenwart der 1920er Jahre wider.