Lokale Akteure in der kubanischen Transformation
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Als eines der letzten sozialistischen Länder der Welt vereint Kuba in touristischer Hinsicht die klimatischen Vorzüge karibischer Urlaubsinseln mit dem exotischen Flair einer nach unserer Auffassung längst überholten gesellschaftspolitischen Wirklichkeit. Der Zusammenbruch der sozialistischen Staaten Osteuropas und der UdSSR Anfang der 1990er-Jahre bedeutete für Kuba die wirtschaftspolitische Isolation, verstärkt durch das seit 1962 anhaltende US-Embargo. Eine partielle marktwirtschaftliche Öffnung des Landes und damit einhergehend die (Wieder-)Einführung des internationalen Tourismus wurde angesichts der Krise eine Notwendigkeit und markierte den Beginn der Kubanischen Transformation. Das Spannungsverhältnis zwischen dem kapitalistisch organisierten Tourismus und dem planwirtschaftlich gestalteten Staatssozialismus Kubas wird hier aus der einheimischen Sichtweise beschrieben. Zahlreiche Abbildungen visualisieren dabei die Lebenswelt von Kubanern unterschiedlicher sozialräumlicher Kontexte, in denen der Tourismus als exogener Faktor wirksam wird und Veränderungen mit sich bringt. Die Handlungsstrategien von Kubanern, die sich die Devisenquelle Tourismus dabei selbst zunutze machen, sind hochgradig kapitalistisch geprägt. Auf legale, semilegale und auch illegale Weise gelingt es einzelnen Akteuren, in den Besitz von Devisen zu gelangen, was in einer vormals einkommenshomogenen, sozialistischen Arbeitergesellschaft zur Herausbildung neuer, finanziell privilegierter Schichten und damit einhergehend zu sozialen Spannungen führt. In den authentischen Aussagen befragter Kubaner kommt das breite Spektrum subjektiver Einstellungen zum Ausdruck: Von der bedingungslosen Loyalität zu Fidel Castro bis hin zu Fluchtgedanken mit dem Wunsch nach einem Leben im kapitalistischen Ausland. So ist vorliegende Dissertation auch ein Zeitzeugnis, denn sie dokumentiert das kubanische Alltagsleben in der ausgehenden Ära Castro, indem sie erstmals die betroffenen Kubaner selbst zu Wort kommen lässt.