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Wie urteilen Hauptschüler über Politik?

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In einer Demokratie besteht die zentrale Aufgabe der politischen Bildung darin, alle Menschen unabhängig von ihrem Bildungsniveau zur Teilnahme am öffentlichen Leben zu befähigen. In ihrem Bemühen um Optimierung von politischen Lernprozessen konzentrierte sich die politikdidaktische Forschung in Deutschland bisher primär auf die gymnasiale Mittel- und Oberstufe. Der Fokus dieser empirischen Studie richtete sich deshalb ganz bewusst auf die Analyse der Politikkompetenz von Hauptschülern, die spätestens seit Pisa zu den Bildungsverlierern zählen. Mit Hilfe eines im Rahmen dieser Studie speziell entwickelten Analyseinstruments wurden systematisch Erkenntnisse darüber gewonnen, auf welchem kognitiven Niveau und nach welchen Kategorien Hauptschüler politisch urteilen. Darüber hinaus wurde der Frage nachgegangen, ob sich in deren Urteilen geschlechtstypische Muster erkennen lassen. Die Datenbasis dieser nicht repräsentativen Studie stellen 89 schriftlich formulierte Urteile von Schülern der neunten Jahrgangsstufe (14 Jahre und älter) dar. Sie entstanden im Rahmen einer sechsstündigen Unterrichtssequenz an einer bayerischen Hauptschule zum Thema NPD-Verbot. Das angewandte methodische Design verknüpft qualitative und quantitative Elemente: Zur Analyse der politisch-kategorialen Struktur erwies sich ein materialorientiertes, qualitatives Verfahren als unumgänglich. Ähnlich wie beim theoretischen Kodieren nach der Grounded Theory von Glaser und Strauss (1967/1998) bzw. wie beim fallbezogenen, thematischen Kodieren nach Flick (1991) wurden die Analysekategorien nicht vorab aufgrund theoretischer Überlegungen festgelegt, sondern zunächst Fall für Fall aus dem Text entwickelt. Erst in einem weiteren Schritt wurden sie dann in Form eines fallübergreifenden Kodierungsraster einer vergleichenden Analyse zugrundegelegt. Das Besondere an diesem Analyseverfahren ist darin zu erkennen, dass jedes Urteil im Zuge des komplexen Kodierungs- und Skalierungsvorgangs sukzessive in eine ganzheitlich-analoge Abbildung transformiert wird. Anhand dieser Abbildung lässt sich dann die politische Urteilskompetenz der Schüler hinsichtlich bestimmter Merkmale individuell beschreiben und bewerten. Mit Hilfe quantitativ statistischer Verfahren (Häufigkeitsverteilungen, Tabellenanalysen, Mittelwerte und Assoziationsmasse) werden schliesslich die Analyseergebnisse zusammenfassend dargestellt und auf geschlechtstypische Zusammenhänge hin untersucht. Als Ergebnis dieser Studie lässt sich zum einen festhalten, dass knapp die Hälfte der untersuchten Hauptschüler mindestens dazu fähig ist, ihre persönliche Position zu einer politischen Problemfrage ansatzweise kategorial zu begründen und ihr Urteil so zu formulieren, dass es im Wesentlichen für andere logisch nachvollziehbar ist. Zum anderen lassen die Ergebnisse auf deutliche geschlechtstypische Unterschiede schliessen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die inhaltlich-kategoriale Struktur der Urteile: Jungen repräsentieren im Vergleich zu den Mädchen ein deutlich ausgeprägteres Interesse an systembezogenen, institutionellen, wirtschaftspolitischen und internationalen Fragestellungen. Mädchen reflektieren dagegen politische Fragen wesentlich stärker unter weltanschaulich-normativen Gesichtspunkten. Auch sind Mädchen sehr viel intensiver darum bemüht, für politische Probleme konkrete Lösungen zu entwickeln und bedenken dabei auch mögliche Restriktionen. Für Jungen ist dagegen eine angemessene Interpretation des politischen Problems wichtiger.

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2009, paperback

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