Emotionen im Lernprozess
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Lernen wurde bislang aus wissenschaftlicher Sicht hauptsächlich unter motivationalen und kognitiven Aspekten untersucht; emotionale Aspekte fanden in diesem Zusammenhang kaum eine ausführliche und eigenständige Betrachtung. Gleichzeitig legen aber neuere Forschung nahe, dass die Berücksichtigung der Emotionen für das Lernen bzw. für den Erwerb von Kompetenzen wichtig sind, was in Theorien, Konzepten und experimentellen Untersuchungen bestätigt werden konnte. Allerdings wurde festgestellt, dass nur vereinzelte Indizien darauf hinweisen, dass positive Emotionen nicht ausschliesslich gut für das Lernen und die Leistung sind und umgekehrt auch negative Emotionen positive Wirkungen auf das Lernen und die Leistung haben können. Dieser Aspekt bildet einen wichtigen Teil des Theorieteils, der auf diese Art und Weise erstmals eine wissenschaftliche Analyse erfährt. Im Weiteren wird thematisiert, was Lernen mit Emotionen zu tun hat, wie und weshalb Lernende ihre Emotionen beim Lernen (insbesondere im Umgang mit digitalen Medien) reflektieren und Massnahmen für das weitere Lernen ableiten können. Gleichzeitig wird gezeigt, dass emotionale Gründe mit dafür verantwortlich sind, inwiefern Lehrangebote für die Lernenden einen langfristigen Nutzen darstellen. Detaillierte Resultate über solche Beziehungszusammenhänge von Emotionen und Wirkungseinschätzungen von Lernenden eröffnen die Möglichkeit, Bildungssettings unter genannten Aspekten gezielt zu evaluieren und wirksam weiterzuentwickeln. Im Empirieteil dieser Untersuchung wird der Fragestellung nach der Beziehung von Emotionen und Wirkungseinschätzungen anhand von 14 Teilnehmenden einer ICT-Weiterbildung nachgegangen. Das Untersuchungsdesign dazu basiert auf der Kombination einer Prozess- und einer Längsschnittuntersuchung und stützt sich auf den Forschungsansatz des Design Based Research. In der Prozessstudie wird das Erleben der Teilnehmenden im Weiterbildungsprozess mit einem spezifisch für diese Situation entwickelten Instrument erfasst. Die Längsschnittstudie beinhaltet die quantitative Einschätzung der Ausgangslage bzw. Wirkung der Weiterbildung zu drei Zeitpunkten: vor, am Ende und ein Jahr nach der Weiterbildung. Die Resultate zur Fragestellung nach der Beziehung von Emotionen und Wirkungseinschätzungen zeigen in der Grundtendenz, dass positive Emotionen gekoppelt mit hohen Wirkungseinschätzungen der Lernenden einhergehen. Damit wird das gängige Paradigma „Gute Emotionen sind gut für das Lernen und die Leistung“ bestätigt. Gleichzeitig manifestiert eine vertiefte Analyse basierend auf einer Typenbildung das Lernpotenzial unangenehmer Emotionen und zeigt, dass auch angenehme Emotionen nicht ausschliesslich gut für das Lernen und die Leistung sind. Vor diesem Hintergrund wird die Relevanz bestätigt, das triviale Paradigma „Gute Emotionen sind gut für das Lernen und die Leistung“ in weiteren Untersuchungen genauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu zeigt sich der Ansatz als Erfolg versprechend, emotionale Verfassungen in Kombination mit der Intensität der Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt zu betrachten. Unerwartet entlarvte sich das für Forschungszwecke entwickelte Emotionsinstrument während der Untersuchung als neuartiges Evaluationsinstrument, das sowohl Lehrende als auch Lernende in die Verantwortung nimmt. Im abschliessenden Teil wird deshalb ganz konkret gezeigt, wie dieses Instrument als innovative Ausgangslage für gewinnbringende Lehr- und Lernprozesse in der Praxis genutzt werden kann.