Die keltische Viereckschanze "Auf der Klinge" bei Riedlingen

Die so genannten 'Viereckschanzen' gehören zu den eindrücklichsten Hinterlassenschaften des prähistorischen Mitteleuropa. Es handelt sich um Wall- und Graben-Anlagen, die einen meist ungefähr quadratischen Zuschnitt und Seitenlängen von 80 bis 100 Metern aufweisen. Ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt im süddeutschen Raum, wo mittlerweile weit mehr als 300 solcher Erdwerke bekannt sind. In Wäldern und unbeackertem Wiesengelände haben sich einige von ihnen noch gut erhalten, während andere in Folge von Erosion, gezielter Schleifung und Überpflügung restlos eingeebnet sind. Über die zeitliche Stellung der Viereckschanzen herrscht Klarheit: Sie entstammen dem keltischen Kulturmilieu der jüngeren Latènezeit und mithin dem 2. und 1. Jahrhundert vor Christi Geburt. Umstritten ist hingegen ihre ehemalige Funktion. Bis vor etwa zwei Jahrzehnten galten sie als Stätten eines paganen Opferkultes, die abseits der dauerhaft besiedelten Gehöfte und Dörfer angelegt und im Zuge ritueller Handlungen nur sporadisch genutzt worden sein sollen. Neuere Ausgrabungen und Forschungen gaben indessen Anlass, mit dieser 'kultischen Deutung' und ihrem monokausalen Erklärungsmodus zu brechen, um differenziertere Interpretationsansätze zu entwickeln. Zu diesen neueren Forschungsunternehmen gehören auch die Ausgrabungen auf der Riedlinger 'Klinge' im Landkreis Biberach, die in den Jahren 1991 bis 1997 im Vorgriff auf die Erschließung eines Neubaugebietes durchgeführt wurden. Neben Siedlungsspuren aus anderen vor- und frühgeschichtlichen Epochen konnte dort der vollständige Befundplan einer keltischen Viereckschanze und ihres näheren Umfeldes gewonnen werden. Die vorliegende Publikation stellt die betreffenden Funde und Befunde von der Riedlinger 'Klinge' vor und unternimmt in der Zusammenführung archäologischer, archäozoologischer und archäobotanischer Untersuchungsergebnisse einen interpretatorischen Annäherungsversuch an jenes besondere Siedlungsphänomen der jüngeren Latènezeit – die Viereckschanzen.