Kleppenkämpfe
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Der Wandel von Bräuchen wurde in der volkskundlichen Forschung lange Zeit mit statischem Blick auf Tradition und Kontinuität betrachtet, bloße Zustandsbeschreibungen waren die Folge. Erst mit Anlehnung an gesellschaftswissenschaftliche Fragestellungen fand ein dynamisches Verständnis von Tradition und damit auch der Wandel von Bräuchen Eingang in die kulturanthropologische Forschung, rückten reine Zustandsbeschreibungen zugunsten einer bedeutungs- und funktionsanalytischen Sichtweise zunehmend in den Hintergrund. Mit einem Brauch, der vor allem seit 1957 massive Veränderungen erfahren hat, befasst sich diese Arbeit: die Spenneweih vom Rathaus in der Sollinger Kleinstadt Uslar. Als Kampf um die Kleppe diente er zunächst den ausschließlich männlichen Akteuren bis Mitte der 1950er Jahre als Initiationsritual, um sich im Laufe der Jahre zu einem friedlichen Staffellauf und 2008 erstmals zu einem ganztägigen Stadtfest zu wandeln. Nicht alle Akteure beurteilen diesen Wandel positiv: Der kulturelle Umgang mit Tradition und die Toleranz gegenüber Innovationen richtet sich maßgeblich danach, welche Bedeutung die Spenneweih für den Identitätsbildungsprozess der Beteiligten hatte und wie groß die eigene Kontrolle über das Kulturgut als Identitätsquelle gegenwärtig noch ist. Die Autorin spürt in ihrer Untersuchung, die sie im Rahmen eines begleitenden Dokumentarfilms durchgeführt hat, die Mechanismen auf, die für den entweder positiven oder kritischen Umgang mit dem Brauchwandel verantwortlich sind.