Der arabische Frühling
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Mit dem arabischen Frühling widmen wir uns diesmal einem Thema, das seit dem Beginn der Aufstände in der arabischen Welt im Dezember 2010 bis heute nichts an seiner Aktualität eingebüßt hat: Syrien befindet sich seit nunmehr zwei Jahren in einem blutigen Bürgerkrieg, dessen Ausgang weitgehend offen ist; in Tunesien und Ägypten haben nach dem Sturz der Diktatoren politische Konsolidierungsprozesse eingesetzt, die allerdings nicht unbedingt den Interessen der liberalen Kräfte entsprechen, die die Revolutionen initiiert und getragen haben; und auch in vielen anderen Ländern der Region gärt es nach wie vor. Für eine philosophische Fachzeitschrift ist es durchaus ein Wagnis, sich einem derart aktuellen und politisch brisanten Thema zuzuwenden, betrachtet die Philosophie sich doch als eine Ebene der Reflexion, die vom unmittelbaren Geschehen Abstand nimmt. Allerdings kann man die aktuellen politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen in der arabischen Welt bereits jetzt als Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins und des Willens zur politischen Mitgestaltung im Sinne des Ringens um Demokratie und Menschenrechte und somit als Bestandteil eines weltweiten Transformations- und Moderniesierungsprozesses verstehen, dessen Dynamik es zu begreifen gilt. Die arabischen Autoren, die in diesem Schwerpunkt zu Wort kommen, analysieren die im Moment ablaufenden Prozesse genau unter diesem Aspekt - und gehen damit über eine kurzfristige Analyse der politischen Situation hinaus. Im „forum“ befindet sich im Gegensatz zu den sehr aktuellen Themen des Schwerpunkts eine historische Betrachtung, die sich der Rekonstruktion indigener vorkolonialer Philosophie in Mexiko widmet. Juan Manuel Contreras Colín (Mexiko) beschäftigt sich mit den Tlamatinime, den Philosophen und Weisen der Nahua, dem größten indigenen Volk Mexikos. Der Autor zeigt anhand verschiedener Textbeispiele, dass von einer authentischen Philosophie der Nahua bereits vor dem Zusammentreffen mit Europa gesprochen werden kann, eine Entwicklung, die allerdings durch die Kolonisation unterbrochen wurde. Mit seinem Beitrag wendet sich der Autor dezidiert gegen eine eurozentrische Weise der Geschichtsschreibung der Philosophie und versucht für Mittel- und Lateinamerika eine neue Perspektive zu eröffnen.