Ethik des Verbindlichen
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Helge Donath hat keine Wahl. Er muss schreiben, sonst verliert er den Boden unter seinen Füßen. Jedes Buch von ihm gleicht einer geballten Ladung. Sie polarisiert. Für den einen ist unerträglich, was er schreibt, für den anderen sind seine philosophischen Gedanken eine Offenbarung. Donath bleibt schonungslos immer ein Donath. Einer, der etwas zu sagen hat, der erschreckend aufrichtig ist. Aus ihm fließen unerhörte Sätze. Wer hört schon gern Botschaften aus dem Schatten. Den trennen wir am liebsten von unserer Lichtgestalt ab, die wir uns zurechtschneidern. Schatten abschneiden, ablegen, am besten dem Nachbarn anheften, den wir dann reinen Gewissens nicht mögen. Das gehört zu den Bestandteilen des Sozialverhaltens zwischen den Menschen. Es entwickelte sich mit der Entstehung des Lebens. Darum reichen Donaths Ausführungen weit zurück. Seine eigenen Erfahrungen will er in der Gesamtheit natürlicher Existenz verstanden wissen. Er schöpft aus der Antike, durchforstet die Himmel der Religionen und tröstet sich mit Sinfonien von Bruckner. Er lebt bewusst in diesem Beziehungsgeflecht. Auf der Suche nach Ursachen für Gier und Begierden, für die Dekadenz einer sich modern dünkenden Gesellschaft und ihrer Bigotterie, quält ihn Sehnsucht nach erfüllter Liebe, treibt ihn unausweichlich in den Medea-Komplex und führt ihn erschöpft zurück zu sich. „Man muss es aufschreiben, wenn es brennt, wenn der Stachel noch im Fleisch steckt und das Blut in Kaskaden aus der Wunde schießt. Man muss es aufschreiben, auch wenn der Schmerz einen niederdrückt und man kaum Luft zum Atmen hat. Nur dann ist es authentisch. Später werde ich es wahrscheinlich anders beurteilen. Doch in diesem schrecklichen Moment ist es die Wahrheit“, resümiert er zum Schluss seines Buches. Es wird ihm den Schmerz nicht nehmen. Lindern, wenn überhaupt, denn er rettet sich bereits wieder schreibend an einem neuen Skript. Dorothea Iser