Arbeitswert und Nachfrage
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Karl Rodbertus (1805-1875) war einst für sein „Gesetz der fallenden Lohnquote“ in „sich selbst überlassenen“ Privatkapitalwirtschaften bekannt. Er gilt überdies als Begründer des preußischen Staatssozialismus. Die sozialwissenschaftliche Analytik seiner Gedankenwelt bietet jedoch wesentlich mehr – und sie gewinnt wieder an Aktualität. Der vorliegende Band will eine systematische Einführung in das Gesamtwerk geben und zugleich Ausblicke in die Rezeptionsgeschichte eröffnen. Karl Marx schrieb in seinem „Kapital“, Rodbertus habe „das Wesen der kapitalistischen Produktion durchschaut“. Ferdinand Lassalle hielt ihn gar für den „größten deutschen Nationalökonomen“ seiner Zeit. Für einen Vordenker der Neoklassik, John B. Clark, war die Verknüpfung von Verteilungs- und Krisentheorie, die Rodbertus entwickelt hatte, noch von „großem wissenschaftlichen Interesse“. Eugen Böhm-Bawerk gestand Rodbertus einen sicheren Stand in der Theoriegeschichte zu und hielt ihn für den „liebenswürdigsten Sozialisten“. Joseph Schumpeter verortete seine wirkmächtige „Gesamtauffassung“ zwischen David Ricardo und Marx, außerdem habe er Grundbegriffe wie denjenigen der ökonomischen Renten geprägt. Rodbertus begriff moderne Ökonomie als „Gesellschaftswirtschaft“ und diese als überindividuelles Wirtschaftssubjekt. Er stützte sich in seiner Renten- und Verteilungstheorie auf Konzepte wie die „relative Armut“ und die gesamtwirtschaftliche „wirksame Nachfrage“. Er sprach von Geld nicht als Ware, sondern als „Kommunikationsmittel“ der Produktwert- und Produktverteilung und befürwortete kreditfinanzierte Konjunkturprogramme. Eine effektive Regulierung der Börsen versprach er sich von den „vereinigten Staaten Europas“. Als Landwirt hob er die natürlichen Grundlagen der Produktion hervor, vor deren Vereinnahmung durch das Privatkapital er nachdrücklich warnte. Seine Spuren hinterließ Rodbertus im Sozialstaatsgedanken, in der Sozialdemokratie, im Sozialkonservatismus und in all jenen heute getrennt betriebenen Sozialwissenschaften, die er in einer „Gesellschaftswissenschaft“ der Sozioökonomie zusammengefasst sehen wollte.