Anpassung - Abwehr - Aufbruch
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In der Weimarer Zeit und in den folgenden Jahren des Nationalsozialismus entstand in Deutschland eine deutsch-jüdische Literatur, die auf die veränderten kulturellen und politischen Bedingungen der Zeit reagierte und Entrechtung, Diskriminierung und Verfolgung, aber ebenso den innerjüdischen Diskurs über den richtigen Weg in bedrängender Zeit, über Identität, Gegenwart und Zukunft des deutschen Judentums thematisierte. Dieser jüdischen Erzählliteratur wird literaturwissenschaftlich erst in jüngerer Zeit größere Aufmerksamkeit zuteil, so auch dem Autor Gerson Stern (1874-1954). Hans Behrens zeigt, wie der Standort gegenwärtiger und retrospektiver Wahrnehmung beim Autor Stern zu einer Erzählhaltung führt, die das Judentum als kulturelles System gefährdet sieht und daraus ihren appellativen Gestus begründet. Sterns Literatur will Verstehensprozesse in Gang setzen, und sie mahnt Verantwortung an, so in der fundamentalen innerjüdischen Auseinandersetzung zwischen Assimilation und Zionismus um 1900 in der Erzählung „Auf drei Dingen steht die Welt“ als auch in dem sowohl inhaltlich wie formal komplexen Roman „Die Waage der Welt“, der die Blickrichtung in nichtjüdische Milieus erweitert und in einer Kombination von Fiktionalität und Dokumentarismus die entscheidenden Monate der Machtübertragung auf Hitler, ihre Begründungszusammenhänge und die innerjüdische Debatte dieser Zeit literarisch anschaulich zur Darstellung bringt.