Die Sinnsprüche des Li Boyang, genannt Laotse
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Vollständige Übertragung als philosophisch-anarchistische Interpretation. Eine interessante Darlegung des chinesischen Klassikers für den, der zu differenzieren vermag zwischen dem philosophischen Gedankengut der Anarchie und den landläufigen Vorstellungen eines Anarchismus als bloßer gewalttätiger Unordnung. Vor dem Hintergrund der westlichen philosophischen Idealvorstellung der Anarchie (Anarchie von griech.: ἀναρχία „Herrschafts- losigkeit“) entwirft Mondrian Graf von Lüttichau eine im ersten Augenblick erstaunliche, bei genauerem Hinsehen aber sehr bedachte Auslegung der 81 Sinnsprüche des Tao Te King. Im philosophischen Sinne steht Anarchie für eine Gesellschaftsform ohne lenkende Staatsgewalt; eine Gesellschaft freier gleichberechtigter Menschen ohne hierarchische Über- und Unterordnung, die ihre Konflikte gewaltlos löst. Genau dies entspricht den Kernaussagen des Tao Te King: Die Auflösung des staatlichen Überbaus und seines Machtpotentials, die Infragestellung der Herrschaft von Menschen über Menschen sowie die gewaltfreie Lösung von Konflikten für ein freies und selbstbestimmtes Leben. So bietet die Textauslegung von Mondrian Graf von Lüttichau einen überraschend anderen Blick auf die Anliegen des chinesischen Klassikers. Er verwirft die mitunter allzu verklärt-esoterischen Auslegungen und „erdet“ die Sinnsprüche des Laotse durch den Bezug auf Möglichkeiten unseres heutigen persönlichen Handelns. Ein erhellender Fingerzeig auf die ungebrochene Aktualität des Klassikers im Hier und Jetzt.