Filmische Personalisierung von Ausstellungsinhalten
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Beim Besuch naturwissenschaftlicher Museen trifft man häufig auf Filme. Diese ergänzen die in der Ausstellung gezeigten Objekte um Hintergrundinformationen. Eine Möglichkeit der Ergänzung stellen Interviews mit Experten oder Betroffenen dar. So haben beispielsweise in der medizinhistorischen Ausstellung „Leben mit Ersatzteilen“ (LME) Betroffene in filmischen Interviews ihr Leben mit einem Herzschrittmacher, einem Hörimplantat oder einer Oberschenkelprothese beschrieben. Diese Form der filmischen Ergänzung nennt sich Storytelling. Die Informationsaufnahme durch erzählte Geschichten hat lernpsychologisch mehrere Vorteile. Zum einen können Besucher mit unterschiedlichem Vorwissensstand Informationen aufnehmen, die jeweils für sie adäquat erscheinen und zum anderen lassen sich Informationen nicht nur erkenntnisorientiert, sondern auch emotional vermitteln. Als Reaktion auf diese Form der Wissensvermittlung hat der Ausstellungsbesucher die Möglichkeit, mit der Person auf dem Bildschirm dargestellten Person zu interagieren (Theorie der Parasozialen Interaktion). Dieser Effekt wurde in der vorliegenden Arbeit in einem Laborexperiment nachgewiesen. Dadurch, dass die Information im Film durch eine Person vermittelt wird, ist der Betrachter motiviert, sich tiefer-gehend mit den Wissensinhalten auseinanderzusetzen (Social Agency Theory). Letzterer Effekt konnte in der vorliegenden Arbeit in einer virtuellen Ausstellung ebenfalls anhand eines Laborexperiments nachgewiesen werden. Damit im naturwissenschaftlichen Museum - als einem möglichen informellen Lernort - tatsächlich mit Hilfe filmischer Interviews gelernt werden kann, muss der Besucher diese jedoch zunächst einmal wahrnehmen. Die Filme stehen in Konkurrenz zu anderen Objekten und müssen erst Aufmerksamkeit auf sich ziehen (Attracting Power). Diese Aufmerksamkeit sollte dann für eine längere Zeitspanne Aufrecht erhalten werden (Holding Power) damit eine Informationsaufnahme stattfinden kann. Dass diese beiden Maße für filmische Interviews in der LME hoch sind, konnte eine Feldstudie am Berliner Medizinhistorischen Museum zeigen. Dort wurden Besucher während ihres Rundgangs beobachtet, ihre Verweildauer an den Bildschirmen gemessen und anschließend ein Interview durchgeführt. Wie sich in der vorliegenden Arbeit zeigt, stellen filmische Personalisierungen eine sehr gute Möglichkeit dar, selbstgesteuertes Lernen im informellen Setting wie dem naturwissenschaftlichen Museum zu unterstützen. Darüber hinaus erlaubt das Storytelling das Überwinden der häufig beklagten emotionsarmen Wissensvermittlung insbesondere in formellen Lernsettings wie Schule oder Universität. Das emotionale „Verpacken“ von filmischen Wissensinhalten motiviert Lerner Informationen tiefer zu verarbeiten, und diese damit nachhaltig präsent zu haben.