Das 18. Jahrhundert und seine musikalische Anthropologie
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Ab dem 17. Jahrhundert vollzog sich in der Medizin ein Paradigmenwechsel, der den menschlichen Körper als Musikinstrument betrachtete. Diese "musikalische Anthropologie" beeinflusste die Kompositionspraxis bedeutender Musiker wie C.P.E. Bach, Benda und Mozart und verknüpfte Emotionen mit musikalischen Resonanzeffekten.
Seit seinen Anfängen steht der Kinofilm in einem produktiven Konkurrenzverhältnis zur Oper. Giacomo Puccini und Richard Strauss reagierten künstlerisch auf das neue Massenmedium Kino, das an die Ästhetik der großen Opernbühne anknüpfte. Dieses Wechselspiel setzt sich über neuere Genres wie die Fernsehoper und die zunehmende Nutzung filmischer Mittel auf der Opernbühne fort. Besonders prägnant zeigt sich dies in der Person Erich Wolfgang Korngolds, einem gefeierten Opernkomponisten der 1920er Jahre, der auch als „Vater der Filmmusik“ Hollywood prägte. Die Neuinszenierung von Korngolds Oper „Das Wunder der Heliane“ an der Deutschen Oper Berlin im März 2018 war Anlass für ein Symposion, das die komplexe Liaison zwischen Oper und Film beleuchtete. Der daraus entstandene Band versammelt historische Fallstudien und thematisiert das „Opernhafte“ des Kinos sowie das „Filmische“ der Oper. Er bietet Einblicke in die Praxis der heutigen Opernregie und die ästhetischen Spezifika der Verfilmung von Bühneninszenierungen, insbesondere der DVD-Aufzeichnung der Berliner „Heliane“-Produktion (2019). Beiträge stammen von Norbert Abels, Stephan Ahrens, Immacolata Amodeo, Paul-Georg Dittrich, Uta Felten, Götz Filenius, Uwe Friedrich, Jörg Königsdorf, Volker Mertens, Panja Mücke, Janina Müller, Dirk Naguschewski, David Roesner, Volker Schlöndorff und Arne Stollberg.
The 19th century saw a complex interplay between nationalism and music, explored through various lenses. J. Osterhammel discusses the global semantics and cultural dynamics during the era of Richard Wagner and Werner von Siemens. A. Gerhard examines the need for musical expressions of national identity, while M. Walter delves into the concept of the national opera. B. Walton addresses the emergence of global opera, and E. Bonomi analyzes national identity in Aleksandr Serov's "Des Teufels Macht." R. Ritter highlights the national mission and panslavism in Polish music, and A. Tedesco reflects on the evolution of Italian opera critiques from Meyerbeer to Wagner. F. Kreuder discusses Wagner's dual identity as a cosmopolitan and a proponent of German national theatre. Various authors explore Wagner's role in shaping German national opera, including K. Berger's inquiry into the sacredness of German art and L. Zoppelli's comparison of identity-forming processes in operas. The reception of Wagner in different cultural contexts, including the DDR and Jewish interpretations, is also examined. The text covers Wagner's influence in various countries, including Hungary, Italy, and Spain, and addresses the operatic traditions and innovations of the time. Finally, the impact of Wagner in popular culture is highlighted, showcasing his enduring legacy.
Die Idee des Tragischen in der Orchestermusik vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert
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Hat reine Instrumentalmusik einen „Inhalt“? Diese Frage wird bis heute kontrovers diskutiert, wobei die Konzepte der „Programmmusik“ und der „absoluten Musik“ oft im Widerspruch zueinander stehen. Seit dem späten 18. Jahrhundert können Symphonien und Ouvertüren jedoch als abstrakte „Klangdramen“ fungieren, die durch ihren Formverlauf erzählbare Handlungen darstellen, ohne einer konkreten Geschichte zu folgen. Dadurch können sie einer ästhetisch-philosophischen „Idee“ wie dem Tragischen Gestalt verleihen. Die Studie untersucht, wie das Tragische in verschiedenen Epochen durch „tönend bewegte Dramen“ zum Ausdruck gebracht wurde, und bezieht sich dabei auf bekannte sowie weniger bekannte Orchesterwerke aus der Zeit zwischen 1767 und 1928. Sie leistet einen grundlegenden Beitrag zur symphonischen Orchestermusik, die das Konzertrepertoire bis heute prägt. Die Kapitelstruktur, die nach Werken gegliedert ist, ermöglicht die Nutzung als „Handbuch“. Eine Begleit-CD enthält die Partituren zu Friedrich Schneiders „Vierter Ouvertüre (tragisch) für ganzes Orchester“ op. 45 und Joseph Heinrich Breitenbachs „Tragischer Ouvertüre“. Der Autor, ARNE STOLLBERG, ist Professor für Historische Musikwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und hat umfassende Erfahrungen in der Musikwissenschaft sowie in Theater- und Medienwissenschaft.
Um 1910 als Wunderkind der Moderne gefeiert, wurde Erich Wolfgang Korngold (1897-1957) ab 1920 als altmodisch angesehen und von den Nazis aus Europa vertrieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet er in das musikgeschichtliche Abseits. Seine Biografie ist geprägt von extremen Höhen und Tiefen. Werke wie „Die tote Stadt“, einst ein großer Opernerfolg, verschwanden ab 1933 von den Spielplänen und tauchten nach 1945 nicht mehr auf. Korngolds Œuvre wurde als zu schön und damit nicht zeitgemäß stigmatisiert. Seine erfolgreiche Karriere als Filmkomponist in Hollywood verstärkte die Ablehnung durch die Nachkriegsavantgarde. Dennoch erlebte seine Musik eine Renaissance und wird heute als spezifische Ausprägung der Moderne betrachtet, die über das Etikett „Spätromantik“ hinausgeht. Der Band versammelt die Vorträge des ersten Symposions, das sich der komplexen Künstlerpersönlichkeit Korngolds widmete. Der Herausgeber, Arne Stollberg, geboren 1973 in Wetzlar, hat Musikwissenschaft sowie Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert. Er war an verschiedenen Universitäten tätig, darunter als Professor für Historische Musikwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Facetten einer musikästhetischen Dichotomie bei Johann Gottfried Herder, Richard Wagner und Franz Schreker
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Daß man eine musikalische Form „überschaubar“ – und nicht etwa „überhörbar“ – nennt, mutet ebenso selbstverständlich an wie der immer wieder formulierte Vergleich zwischen Musik und Architektur. Doch verbirgt sich hinter diesem Transfer optischer Kategorien auf akustisch wahrnehmbare Klangereignisse eine Traditionslinie, die bereits im 18. Jahrhundert Widerspruch hervorrief. So kritisierte Johann Gottfried Herder den von der Architektur entlehnten Formbegriff klassizistischer Autoren als Kolonialisierung des Ohrs durch das Auge – ein Gedanke, den Richard Wagner aufgreifen und gegen Eduard Hanslicks Ästhetik des „Musikalisch-Schönen“ verteidigen sollte. In diesem Sinne wird Wagners „unendliche Melodie“ neu als Versuch interpretiert, eine „unanschauliche“, von der Vorherrschaft des Auges weitgehend befreite Musik zu schaffen. Klang und Form treten dabei in ein Verhältnis, das sich mit Begriffspaaren wie „dionysisch/apollinisch“ (Nietzsche) oder „Es/Ich“ (Freud) verbindet und auf dieser Grundlage sogar musikdramatische Gestalt gewinnt: in Wagners Meistersingern von Nürnberg und noch am Ende der 1910er Jahre in Franz Schrekers Die Gezeichneten.
MUSIK IM KANON DER KÜNSTE ist eine neue Schriftenreihe im Are Musik Verlag, die sich mit der tiefen Weisheit der Musik auseinandersetzt. Inspiriert von Arthur Schopenhauer, wird die Musik als eine Sprache betrachtet, die das Wesen der Welt und des Menschen offenbart. Der Leser wird angeregt, über die immanente Logik der musikalischen Strukturen hinaus zu denken und sich zu fragen, was Musik über die Welt und den Menschen zu sagen hat. Die Reihe untersucht die vielfältigen Verbindungen der Musik zu anderen Künsten wie Literatur, Theater, Tanz und Bildender Kunst sowie zu kulturwissenschaftlichen Disziplinen wie Philosophie, Theologie, Psychologie, Rhetorik und Geschichtswissenschaft. Die ausgewählten Schriften beleuchten diese Korrespondenzen und sind sowohl wissenschaftlich innovativ als auch allgemein verständlich verfasst. Sie richten sich an alle, die an einer interdisziplinären Kunstbetrachtung interessiert sind, einschließlich Forschenden, Lehrenden, Studierenden und fortgeschrittenen Musikliebhabern, die ihr Verständnis der Musik durch grenzüberschreitende Reflexionen vertiefen möchten. Johann Wolfgang Goethe betont, dass die Künste so eng verwandt sind, dass man in einer Kunstform kaum Fortschritte machen kann, ohne auch in anderen voranzukommen.