Individualität und Selbstheit
Schellings Weg zur Selbstbildung der Persönlichkeit (1801-1810)
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Schellings Identitätsphilosophie scheint zunächst kein Plädoyer für den Identitätsgedanken zu sein, doch sie ringt um einen adäquaten Begriff der Individualität. Zentral ist das Konzept der Selbstbildung der Persönlichkeit, das Schelling ab 1809 intensiv beschäftigt. Durch die Auseinandersetzung mit Fichtes Ich-Begriff und Leibniz' Privationslehre gelingt es ihm, Individualität so zu konzipieren, dass das Individuum weder von seiner natürlichen Wurzel abgeschnitten noch aufgrund seiner Endlichkeit zum unfreien Scheinwesen herabgesetzt wird. In seinem Werk Über das Wesen der menschlichen Freiheit von 1809 führt er dieses Konzept unter dem Begriff der Persönlichkeit ein. Ein Jahr später, in den Stuttgarter Privatvorlesungen, entfaltet er den Begriff der Selbstbildung. Ein Mensch wird als ein Gebilde unzähliger Facetten verstanden, eine interaktive Abfolge individueller Entwicklungsstufen. Eine lebendige Persönlichkeit entsteht dort, wo der Mensch von seinen vergangenen Stadien, seinem „niederen Selbst“, nicht entwurzelt ist und dieses durch das „höhere Selbst“ überwindet. Dieses Konzept der Selbstbildung, das die Zeittheorie der Weltalter ab 1811 vorbereitet, verleiht Schellings Philosophie einen neuen Identitätsbegriff, der die Entwicklung des menschlichen Selbst jenseits des spinozistischen Quietismus darstellen kann.
