Gerhard Siegl Books




Der seit dem 16. Jahrhundert in der deutschen Sprache gebräuchliche Krisenbegriff erstreckte sich bis ins 18. Jahrhundert ausschließlich auf den Fachbereich der Medizin. Danach wanderte er langsam in die Alltagssprache und bezeichnete Entscheidungssituationen oder Höhepunkte gefährlicher Entwicklungen, vor allem im Gesundheitsbereich (Seuchen) und in der Wirtschaft. Krisen sind in ihren jeweiligen historischen Konstellationen einzigartig und nicht wiederhol- oder vorhersehbar. Wie der Krisenbegriff dennoch erfolgreich in der Geschichtswissenschaft eingesetzt werden kann, illustriert dieser Band.
Bergbauern im Nationalsozialismus
Die Berglandwirtschaft zwischen Agrarideologie und Kriegswirtschaft
- 339 pages
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Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im März 1938 wurde ein „österreichisches Problem“ (zeitgenössisches Zitat), nämlich jenes der Berglandwirtschaft, zu einem deutschen. Was mit den Bergbauern geschehen sollte, war nicht von Beginn an klar. Einige Stimmen forderten aufgrund der schwachen Wirtschaftsleistung ihre Absiedlung. Es sollte anders kommen: Das Bergland erfuhr eine wirtschaftliche Förderung und eine politische Anerkennung bisher unbekannten Ausmaßes. Die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Hintergründe dafür werden in diesem Band erörtert. Breiten Platz nimmt dabei die Behandlung der weltanschaulichen Vereinnahmung der Bergbauern im Rahmen der „Blut-und-Boden“-Ideologie ein. Als Ergebnis wird unter anderem gezeigt, dass diese wirkmächtiger als bislang dargestellt war und zahlreiche bergbäuerliche Betriebe und Gemeinden zumindest materiell von der NS-Zeit profitierten.
Lange gab es für Belange der Landwirtschaft die Auffassung, dass eine Sozialversicherung nicht notwendig sei. Alles, was das bäuerliche Leben erforderte, wurde selbst hergestellt: Getreide für Brot, Flachs und Schafswolle für die Kleidung, Holz zum Heizen, Kräuter und Heilsalben. Das Leben war hart und was nicht geheilt werden konnte, wurde sich selbst überlassen, Ärzte waren zu teuer. Die ersten Versuche, eine Sozialversicherung zu etablieren wurden abgelehnt. Erst ab 1950 setzte ein großes Umdenken ein und immer mehr Bauern versicherten sich freiwillig in den Landwirtschaftskrankenkassen. Je seltener in Folge die landwirtschaftliche Arbeitskraft wurde, desto wertvoller wurde sie und damit stieg auch der Bedarf an zusätzlichen Leistungen. Dieses Buch beschäftigt sich mit dem steten und zähen Ringen um den Aufbau und die Erhaltung der wichtigen Leistungen der Sozialversicherung, die heute einen unersetzlichen Bestandteil des bäuerlichen Lebens darstellen.