'Wir entblößen das Haupt, um unsre Hochachtung zu erkennen zu geben, sie die Füße. (…) Wir ermüden uns, wenn wir sitzen und die Beine kreuzweis über einander gelegt haben; sie, wann sie auf einem guten Lehnstuhle sind, und die Füße auf die Erde hangen lassen. Wir steigen von der Linken, sie von der Rechten zu Pferde.' Johann Hermann von Riedesel (1740–1785), Goethes Reiseführer auf Sizilien, besuchte im Jahr 1768 auch die im türkischen Reich gelegenen Stätten des klassischen Altertums. Seine 'Bemerkungen auf einer Reise nach der Levante' sind 1773 auf französisch, 1774 in deutscher Übersetzung erschienen. Auf dem eigentlichen Terrain der griechischen Antike begegnet Riedesel gleich mehreren fremden Kulturen. Seine Wahrnehmungs- und Urteilsfreude wird dadurch noch gesteigert: Deutlicher als in Italien erweist sich der Autor als ein nicht nur den 'Überbleibseln' der Vergangenheit nachspürender Reisender, sondern als aufmerksam kulturelle Differenzen registrierender Beobachter, der Zeugnis ablegt von den Konflikten, aber auch dem Reichtum nebeneinander bestehender Zivilisationen im osmanischen Reich.
Johann Hermann Riedesel zu Eisenbach Books


Johann Hermann von Riedesel (1740–1785) bereiste im Frühjahr 1767 Süditalien und Sizilien. Sein Freund Winckelmann, der 'Patriarch der Alterthümer', sorgte für die Publikation der an ihn gerichteten Sendschreiben, und das anonym erschienene Werk wurde zu einem der bedeutendsten Reiseberichte der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts. Riedesels Interessen gehen über die 'ansehnlichen Überbleibsel' der Antike hinaus. Er beschreibt nicht nur das griechische Kulturerbe, sondern auch Land und Leute. Seine Besteigung des Ätna, unter schwierigen Bedingungen, wird eindrucksvoll geschildert. Zudem berichtet er mit einem scharfen Blick auf europäische Wirtschaftszusammenhänge über Landbau, Industrie, Produktionsbedingungen, Preise und Steuern, und bietet so einen umfassenden Einblick in die Lebensverhältnisse der Süditaliener um 1770. In einer buchstabengetreuen Neuausgabe der ersten Auflage von 1771 beschreibt er die atemberaubende Aussicht vom Gipfel eines der höchsten Berge der Welt: „Hier, auf diesem Gipfel, genoß ich die weiteste und schönste Aussicht, die zu erdenken ist…“ Diese Perspektiven machen seinen Bericht zu einem wertvollen Dokument der damaligen Zeit.