Eisenbahnen im Weinviertel
Von den 1970er-Jahren bis heute





Von den 1970er-Jahren bis heute
Es gab eine Zeit, in der das Kino die wichtigste Quelle für Unterhaltung und Information war. Im Weinviertel existierten einst über 100 Kinostandorte, heute sind es nur noch fünf. Die Blütezeit des Kinos ist längst vorbei, bedingt durch die zunehmende Mobilität der Bevölkerung in den Nachkriegsjahren und das Aufkommen des Fernsehens. Diese Entwicklungen führten dazu, dass immer mehr Besucher ausblieben und viele Kinos in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schließen mussten. Auch das wachsende Komfortbedürfnis der Zuschauer spielte eine Rolle, da Kinobesuche oft mit unbequemen Holzsitzen, engen Reihen und kleinen Leinwänden verbunden waren. Die fortschreitende Digitalisierung trug ebenfalls zum Rückgang bei. Die meisten ehemaligen Kinos im Weinviertel sind mittlerweile verschwunden, abgerissen oder umgebaut zu Lagerhallen, Wohnungen oder Garagen, wobei ihre ursprüngliche Funktion kaum noch erkennbar ist. Nur bei genauem Hinsehen sind noch Spuren zu entdecken, wie verlassene Lichtspielhäuser mit Filmprojektoren. Karl und Martin Zellhofer dokumentieren diese verblasste Welt, zeigen Einblicke in ehemalige Kinos und bewahren Erinnerungen von Besuchern und Betreibern. Alte Filmplakate, Eintrittskarten und Werbedias werden präsentiert, um ein Stück Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren. Denn eines ist sicher: Irgendwann werden auch die letzten Spuren verschwunden sein.
Mit Gedanken von Gottfried Laf Wurm
Aufgelassene Wirtshäuser, Schulen, die nun anderen Zwecken dienen, Spuren eingestellter Bahnstrecken, Greißler, Fleischer oder Bäckereien, die schon lange zugesperrt haben, kleinere Betriebe wie Schmiedewerkstätten, verfallende Bauernhäuser und Kinos, die längst anderen Zwecken dienen … Dieses Buch ist die Fortsetzung des erfolgreichen Titels „Verschwundenes Weinviertel“ von Karl und Martin Zellhofer. Das Marchfeld gehört geografisch zwar zum Weinviertel, ist aber eine Region, die sich doch etwas vom übrigen Viertel unterscheidet – landschaftlich, wirtschaftlich und historisch. Deshalb wurde diese Region auch im Buch „Verschwundenes Weinviertel“ ausgespart. Nun legt Karl Zellhofer, unterstützt von Gottfried Laf Wurm, der Gedanken zum Thema verfasst hat, den Bildband „Verschwundenes Marchfeld“ vor. Das Marchfeld hat seit den 1960er-Jahren eine ähnliche infrastrukturelle Entwicklung wie das Weinviertel hinter sich: Viele Wirtshäuser und Greißler sind verschwunden, nach der Schließung der kleinen Dorfschulen besuchen die Kinder heute Zentralschulen in größeren Orten, Nebenbahnen wurden eingestellt und wenig frequentierte Haltestellen aufgelassen. Kinos sind längst Vergangenheit, alte Bauernhäuser zum Verfall verurteilt, Milchhäuser wegen der Aufgabe der Milchwirtschaft funktionslos geworden.
Von Nebenbahnen, Haltestellen und Bahnhofswirtshäusern, die es nicht mehr gibt
Karl und Martin Zellhofer haben sich erneut auf Spurensuche begeben, diesmal zu den verschwundenen Eisenbahnen im Weinviertel. Einst durchzogen rund 300 Kilometer Nebenbahnen die Region, die das Hauptstreckennetz ergänzten. 1988 wurde der Personenverkehr auf den meisten Nebenbahnen eingestellt, und trotz Modernisierungen folgten weitere Stilllegungen, eine schrittweise Aufgabe des Güterverkehrs und schließlich Streckenabtragungen. Auch auf den Hauptstrecken kam es zu Schließungen von Haltestellen und zur Abtragung von Gütergleisen. Heute sind überall im Weinviertel Spuren dieses einst bedeutenden Verkehrsmittels zu finden: verfallende Bahnhöfe, überwachsene Gleisanlagen, Bahndämme ohne Schienen, bedeutungslose Brücken und geschlossene Bahnhofswirtshäuser. Dieses Buch dokumentiert diese Reste, bevor sie ganz verschwinden, und lässt ehemalige Mitarbeiter des Eisenbahnbetriebs zu Wort kommen. Schaffner, Dampflokführer, Stellwerker und Bahnhofswirt berichten von ihrem Alltag mit der Eisenbahn. Die Autoren haben bereits Werke über den Weinviertler Semmering und das verschwundene Weinviertel veröffentlicht, in denen sie die Geschichte von Orten und Einrichtungen erzählen, die nicht mehr existieren.
Über Greißler und Wirtshäuser, Kinos und Schulen, Bahnhöfe und Ziegelwerke, die es nicht mehr gibt. Eine Spurensuche
In Hippersdorf, einem kleinen Dorf im Schmidatal, lebten um 1960 etwa 200 Menschen. Damals war der Ort eine eigenständige Gemeinde mit einer Volksschule, zwei Gasthäusern, Lebensmittelgeschäften, einer Mühle, einem Schuster, einer Tischlerei und einer Haltestelle an der Franz-Josefs-Bahn. Heute ist nur noch die Mühle in Betrieb, die jedoch nicht mehr mahlt, sondern mit Getreide handelt. Karl und Martin Zellhofer haben sich auf Spurensuche dieser Veränderungen begeben und das gesamte Weinviertel erkundet, von der tschechischen Grenze bis zur Donau und von der March bis zum Manhartsberg. Mit ihren Kameras hielten sie die Spuren fest und befragten Zeitzeugen. In ihrem Buch dokumentieren sie die vielen ungenutzten, vergessenen oder bereits verfallenen Bauwerke: Greißler, Wirtshäuser, Handwerksbetriebe, Ziegelwerke, Kinos, Volksschulen, Bauernhöfe, Tankstellen, Bahnhöfe und Feuerwehrhäuser. Das Ergebnis ist eine eindringliche Dokumentation der Veränderungen im ländlichen Leben und in den Kleinstädten der Region – eine faszinierende Spurensuche und Entdeckungsreise in das Gestrige im heutigen Weinviertel.