Denken geschieht an einem Ort. Offenbar setzt das Denken, wie auch jedes Sprechen und Handeln, einen Standort bzw. einen Standpunkt voraus. Dabei kann freilich 'Ort' ein Mehrfaches bedeuten, etwa den Körper, die politische Schicht, den sozialen Status, das sozialisierte Geschlecht, die Sprache, kulturelle Geflechte, Lebenswelten und nicht zuletzt geographische Landschaften sowie geschichtliche Zeiträume. All dies sind - je nach Konstellation - Orte, die das Denken bedingen. Und doch haben verschiedene Denkerfahrungen in der Geschichte und Gegenwart immer wieder den Anspruch erhoben, universal und in diesem Sinne inter- bzw. trans'kulturell' zu sein, d. h. in Unabhängigkeit von allen Milieus, Räumen, Zeiten, Sprachen, Geschlechtern usw. diese überschreiten zu können. Mit Beiträgen von Murat Ates, Oliver Bruns, Eveline Cioflec, Christoph Dittrich, Jessica Dömötör, Madeleine Elfenbein, James Garrison, Anke Graneß, ChoongSu Han, Hannah Holme, Christoph Hubatschke, Takashi Ikeda, Bruce Janz, Lukas Kaelin, Karin Kuchler, Giuseppe Menditto, Pritika Nehra, Britta Saal, Annika Schlitte, Fabian Steinschaden, Georg Stenger, Sophie Voegele & Karin Hostettler, Franz Martin Wimmer und Tsutomu Ben Yagi.
Murat Ates Books





Um der philosophisch schwierig zu erfassenden Traumerfahrung gerecht zu werden, wählt der Autor eine phänomenologische Herangehensweise. Zunächst beschäftigt er sich mit der Verdammung des Traums in der Philosophiegeschichte, nämlich mit jener bereits im Mythos vollzogenen, in der Antike dann verfestigten und mit der Neuzeit endgültig sich durchsetzenden Trennung zwischen Traum und Realität. Der Traum wurde zum Dubiosen und Irrationalen par excellence, das die Grenzen der vernünftigen Wirklichkeit zu demarkieren hatte. Die daran anschließende Würdigung, aber auch Kritik an psychoanalytischen Versuchen einer Rehabilitation des Traums führt schließlich zu der Frage, wie demgegenüber eine phänomengerechte Annäherung verfahren könnte. Ates untersucht in seiner „Phänomenologie des Traums“, wie die oneirische Erfahrung überhaupt möglich sein kann, welche Vermögen gegeben sein müssen, damit die Träume sich ungeachtet der Diskontinuitäten in der (Selbst-)Wahrnehmung, ungeachtet der teils bizarren und radikalen Metamorphosen dennoch in einer Art naivem Realismus ereignen können.
Es dürfte heute weitestgehend außer Frage stehen, dass mit der Phänomenologie – wie sie unter dem Leitspruch »Zu den Sachen selbst!« erstmals konkretisiert und als Methode ausgebildet wurde – sich eine neue und gewandelte Grundstellung gegenüber der traditionellen Metaphysik ereignet hat. Im vorliegenden Sammelband wird aus unterschiedlichen Perspektiven vor allem der Frage nachgegangen, ob und inwiefern es einer phänomenologisch verfahrenden Metaphysikkritik gelingt, die metaphysischen Denkvoraussetzungen zu überwinden und einen unverstellten Blick auf die Phänomene freizugeben. Dabei besteht der Anspruch der Beiträge nicht zuletzt darin, auszuloten, wie es (heute) um das Potenzial phänomenologischer Bemühungen bestellt ist und wo genau deren Grenzen auszumachen sind.
Nietzsches Zarathustra Auslegen
Thesen, Positionen und Entfaltungen zu »Also sprach Zarathustra« von Friedrich Wilhelm Nietzsche
- 226 pages
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Nietzsche selbst schrieb einst über seinen Zarathustra, dieser sei 'das tiefste Buch, das die Menschheit hat […] Aber mit dem kann man nicht anfangen'. Tatsächlich machte es Nietzsche seinen Leserinnen und Lesern nicht einfach: Der durchwegs kryptisch gehaltene Text erschwert das philosophische Verstehen des Werkes enorm, stellt dem Versuch eiliger Aneignung bewusst Hindernisse in den Weg. Es gibt wohl kaum ein philosophisches Werk, das die Auslegung derart erschwert und zugleich einfordert, wie 'Also sprach Zarathustra'. Der vorliegende Sammelband setzt genau dort an. Chronologisch und detailliert werden die Werkabschnitte des Zarathustra verstehend ausgelegt, ohne dabei unkritisch dessen Inhalte zu übernehmen. Der Band 'Nietzsches Zarathustra Auslegen' bietet unter Berücksichtigung der aktuellen Forschung nicht bloß eine adäquate und anspruchsvolle Lesehilfe zum Zarathustra, sondern zeigt darüber hinaus spannende neue Zusammenhänge im Denken Nietzsches auf.
Philosophie des Herrschenden
Eine einführende Schlussbemerkung
Das Buch untersucht die Dominanz einer bestimmten Weltanschauung, die nicht nur in der Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte präsent ist, sondern auch das menschliche Lebensumfeld reglementiert. Es stellt kontinuierlich die Fragen: Was ist das Herrschende und was bedeutet Herrschaft? Von den Anfängen der Arbeitsteilung in der Antike über die Neuzeit bis zur modernen Naturwissenschaft verfolgt Murat Ates die Entwicklung einer herrschenden Welteinstellung, die die dynamische Erfahrung der Welt idealisiert, kategorisiert und dem rationalen Kalkül unterwirft. Ates nutzt Ansätze aus der Phänomenologie und kritischen Theorie, um zu zeigen, wie dieses Weltverfügen zunächst als Versprechen der Vernunft erscheint, das die Angst des Menschen vor der Natur mindern will. Im Verlauf der systematischen Beherrschung der Natur erhebt sich diese Vernunft zur Souveränität. Der durch Entfremdung geprägte Zugang zur Natur wirkt sich in jedem Moment auch auf den Menschen selbst aus. Die Untersuchung führt zur dringenden Frage nach der unvertretbaren Voraussetzung für einen Bruch, ein Ende der Herrschaft und die Möglichkeit des Ankommens eines Anderen.