Philosophie, als Wissenschaft, die nach Weisheit strebt, muss zwischen Erkenntnis und Meinung unterscheiden, um nicht von ungeprüften Auffassungen in die Irre geführt zu werden. Die Prüfung solcher Voraussetzungen ist seit den Anfängen des abendländischen Denkens zentral. In der Neuzeit wird die Forderung nach Voraussetzungslosigkeit als notwendige Bedingung für wissenschaftliches Philosophieren propagiert. Husserls Phänomenologie reiht sich in diese Entwicklung ein, indem sie die Forderung nach Voraussetzungslosigkeit aufstellt. Im Gegensatz dazu hält Heidegger Voraussetzungen in der Philosophie für notwendig und kritisiert die strikte Forderung nach Voraussetzungslosigkeit als selbst eine Voraussetzung oder ein Vorurteil. Dies führt zu einer Spannung in Heideggers frühem Denken: Er fordert, dass philosophische Untersuchungen die ‚Sachen selbst’ freilegen, betont aber gleichzeitig die Notwendigkeit von Voraussetzungen, die diese Dinge verbergen könnten. Der Autor zeigt in diesem Buch, wie diese Spannung im Anschluss an eine Diskussion von Heideggers Wahrheitsbegriff aufgelöst werden kann. Es wird deutlich, dass Heideggers philosophische Untersuchungen einen Anspruch auf Wahrheit erheben können, obwohl sie auf Voraussetzungen basieren.
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