Tobias Premper beobachtet und notiert alltägliche Eindrücke mit einem besonderen Blick. Seine Texte sind eine Mischung aus Kunst und persönlichen Reflexionen, die den Leser emotional ansprechen und zum Nachdenken anregen. Premper ist ein in Berlin lebender Künstler und Schriftsteller, bekannt für seine Gedichtbände und Boxenbücher.
Prempers Miniaturen sind scharfzüngige und blitzschnelle Poesie, die in ihren wenigen Zeilen so viel Tiefe und Witz offenbaren wie kaum ein Roman. Sie sind Nachtigallen, hinter deren Gesang der Großstadtlärm verstummt. Sein Figurenensemble reicht von röchelnden und flatternden Tieren über Wunderheiler, Wandermönche, Zwerge, Blinde und andere Tausendsassa bis hin zu zwei Namenlosen – einem Mann und einer Frau – die zwar nur kurze, aber bestimmt unvergessliche Momente teilen. Vielleicht weil sie sich ihre Geheimnisse erzählen, vielleicht weil nur diese beiden Menschen einander die Einsamkeit nehmen können. Ich war klein, dann wuchs ich und war größer singt eine Hymne auf die unerwartete Begegnung am mitternächtlichen Tresen, auf das absurde Eigenleben der Fußgängerzone, auf den Abschied von den Eltern, auf die große Sehnsucht nach einem Ausflug ans Meer oder zumindest in die nächste örtliche Badeanstalt. Tobias Premper schickt uns mit Lakonie und passgenauer Pointierung durch viele fremde Leben, lässt uns weinen, lachen und manchmal laut 'verdammt!' schreien. Und immer lässt sich rhythmisch mit den Fingern schnippen und eine Melodie von Billie Holiday dazu summen.
Tobias Premper vermengt in seinen Notizbüchern skurrile Beobachtungen und Begegnungen auf der Straße zur Gedankenwelt eines empfindsamen Hauptstädters: Eine Melange von Szenen aus Tag- und Nachtträumen, Zitaten aus Filmen und Büchern, die seinen Helden beschäftigen oder erst noch geschrieben werden müssen. Wie ein Außenstehender betrachtet er seine Umgebung, ist immer wieder verwundert über sein eigenes Leben und das seiner Mitmenschen, und verliert dabei nie den kindlichen Blick für die schönen, absurden, ironischen Details des Alltags, dem er sich jeden Morgen aufs Neue stellt. Über die Jahre und durch die Jahreszeiten hindurch wächst so das Notierte aus Fragmenten zu einer Erzählung voll schroffer Zärtlichkeit. Premper erweist sich einmal mehr als Meister der kurzen Form, sein Blick für das Absurde hätte einem Camus gefallen. Wer Premper liest, schlägt sich laut vor die Stirn oder muss unwillkürlich lachen oder beides und weiß am Schluss einmal mehr, wie verdreht, weltverloren und liebenswert das Leben in einer Großstadt mitunter sein kann. Aber nur dieses eine Mal ist die Fortsetzung der 2012 bei Steidl erschienen Notizen in Das ist eigentlich alles.
Die Kurzgeschichten von Tobias Premper spielen in vertrauter Umgebung: daheim in der Küche, auf öffentlichen Plätzen oder an einem Fluss am Waldrand. Bevölkert von Kindern, Tieren und alten Menschen werden diese Orte zu Schauplätzen absurder Komik oder huldvoller Melancholie. Prempers Figuren durchqueren bekanntes Terrain und verkörpern gleichzeitig und anrührend die Kehrseite des Alltäglichen. In ihrer bisweilen wunderlichen Eigensinnigkeit bewahren sie dabei zutiefst menschliche Regungen.
"Wochen Ende" erzählt von Romy und Daddy, die aufs Land fahren und ein wertvolles Testament entdecken. Daddy plant, Romys Eltern und sie zu töten, um an das Erbe zu gelangen. Auf ihrer Reise erleben sie Chaos, Unfälle und Bedrohungen. Der Roman ist ein literarischer Remix von Godards Film "Week End" und beginnt mitten im Satz.
Mit einem Nachwort von Georg Klein. Die literarische Miniatur ist, wie ihr Name schon sagt, klein. Dennoch ist ihr Herz so groß, dass es allerhand aufzunehmen versteht. Ein bei Nacht schwarz die Hafenmauer hochleckendes Meer, zum Beispiel, oder traurig dumme Duschgesänge, eine menschenfressende Couch, nachmittäglich stehengebliebene Musikschuluhren und Trauben, die weich sind wie der Mond. Aber der Reihe nach! Martin Lechner und Tobias Premper haben gemeinsam kurze Geschichten geschrieben. Auslöser waren störrisch steckengebliebene Texte, Fundstücke aus dem Satzteillager oder noch völlig ungekochte Notizen. Gemacht werden durfte damit nichts weniger als alles. Das ergab ein wildes Textetennis, in dessen Hinundhergesause die Frage der Urheberschaft zusehends verwischte. Am Ende war es gleichgültig, wer welche Sätze, Worte oder Buchstaben gestiftet hatte. „Gelati! Gelati!“ versammelt insgesamt 99 Miniaturen: 33 gemeinsam verfasste und jeweils 33 von Martin Lechner und 33 von Tobias Premper.
Tobias Prempers Miniaturen haben den Blues, die süße Schwermut, sie riechen nach heiß flirrendem Sommer, staubigen Hotelzimmern und der Einsamkeit des Herumtreibers, der sich immer dort zu Hause fühlt, wo er müde seinen Kopf aufs Kissen legt. Und nachdem er tagsüber umhergestreift ist und die Welt aufgesogen hat, bringt er um Mitternacht alles zu Papier, vermisst die eine Frau und will noch immer vom Leben die Essenz: Salat aufessen, Liebe machen. Und vielleicht einen Whiskey trinken. In jedem Text von Premper findet sich mindestens eine Blue Note: eine hübsche Frau, die mit dem Dummkopf nach Hause geht, der Nackte, dem niemand glaubt, dass er Gold gefunden hat, die Familie, die mit viel Phantasie in den Abgrund gestoßen wird, und aus der Musicbox tönt Duke Ellington dazu. Aus einer kurzen Begegnung entspinnt sich eine Geschichte, aus einem Sandkorn wird ein Rolling Stone. Diese Sprache schillert in den prachtvollen Farben eines gelungenen Großstadtgraffitis.
Roland Steinberg erschafft Menschen: allesamt literarische Genies, die nur im Verborgenen geschrieben haben. Keiner von ihnen hat je existiert und doch haben sie alle einen Koffer voller Fragmente zurückgelassen. Mit seinen Installationen fiktiver Autorennachlässe und Lebensläufe gelingt Steinberg der Durchbruch in der internationalen Kunstszene. Plötzlich winken Geld und Ruhm. Doch den medienscheuen Künstler kümmert das wenig. Er will hinter die Masken des Alltäglichen blicken und fühlt sich wohler, wenn alle anderen gegangen sind. Voller Zorn und Poesie wandelt Steinberg in Berlin zwischen Licht und Schatten, erfährt dabei Freundschaft und Liebe, Einsamkeit und Verlust. Ein begnadeter Narziss, der alles zerschlagen möchte, um auf den Trümmern zu Jazzmelodien von Thelonious Monk zu tänzeln. In seinem Debütroman widmet sich Tobias Premper ganz der Beobachtung der scheinbar nebensächlichen Dinge, schreibt Kapitel hypnotisch wie Filmszenen, erzählt die Geschichte eines rastlos Suchenden in lakonisch surrealen Szenen und lässt seinen Helden dabei dem Satz Becketts folgen, eines von Roland Steinberg hoch verehrten Autors: »Scheitern, wieder scheitern, immer scheitern, besser scheitern.«