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Götz Wienold

    July 15, 1938
    Alarich Arthur Athanasius und die Söhne von Megaprazon
    Meine Mutter, die Spinne
    Wittgenstein in Cassino. Trakls Tod
    Hasardeure
    Himmlers Fischteiche
    Die verbrannten Uniformen
    • Ludwig Wittgenstein ist zu Beginn des Ersten Weltkriegs Kanonier, Georg Trakl Sanitäter. Trakl hält Kriegserlebnissen nicht stand und ist hospitalisiert, an der verbotenen Liebe zur Schwester ist er gescheitert. Wittgenstein, seiner Homosexualität noch unsicher, sehnt sich nach David Pinsent im fernen England. Er will Trakl treffen, kommt aber zu spät, um ihn vom Freitod zu retten. Geschwisterliebe und Liebe zum gleichen Geschlecht, gleichermaßen sozialer Unterdrückung ausgesetzt, überkreuzen sich in Trakls Tod. Wittgenstein in Cassino sieht ihn als Gefangenen nach Kriegsende. Er hat den Weg, seine sexuelle Orientierung zu leben, gefunden, wie den zum Tractatus und zur Besitzlosigkeit. Er bekennt, lieber wolle er sich töten lassen, als einen anderen töten. Ethisches lässt sich nicht in Sätzen aussagen, sondern „zeigt sich“ im Handeln selbst. Der Kampf für die Freiheit der Sexualitäten und die Verurteilung des Tötens finden zusammen.

      Wittgenstein in Cassino. Trakls Tod
    • Charaktere, wie sie im 17. Jahrhundert Thomas Overbury beschrieb, werden neu gedacht. Figuren entwickeln intensive Projektionen und Fixierungen: Ein Mann erkennt in einer Spinne seine tote Mutter, ein Junge erlebt, von glatt polierten Glatzen älterer Männer angezogen, seine Sexualität. Neben solchen biographischen Szenen stehen Skizzen bemitleidenswerter Figuren in ausweglosen Situationen: Der Gedankenleser glaubt, das Gegenüber zu ergründen, und wird, ohne es zu verstehen, selbst Objekt eines Angriffs des Gedankenlesens. Es geht um Lebensentwürfe, die gelingen oder fehlschlagen: Des Plagiats bezichtigt, legt die Doktorandin ihren Doktorvater herein, die Volontärin liest die Konstellationen in ihrer Firma falsch und muss gehen. Schließlich eine Hommage an Heinrich Mann, der die Zeichen seiner Zeit besser als andere las, er flieht vor den Nazis ins Exil nach Frankreich.

      Meine Mutter, die Spinne
    • Ein älterer Homosexueller, mit seinen Gefühlen an zwei junge Männer gebunden, wird unwillentlich Mitwisser von Verbrechen. Trotz der allmählichen Demokratisierung Europas nach der französischen Revolution und den Kriegen des 20. Jahrhunderts ist eine starke, verehrende Anhänglichkeit ans Royale verblieben. Diese wird versinnbildlicht in Megaprazon – ein Staat, unauffindbar im Mitteleuropa des 21. Jahrhunderts, sein fiktiver Name Goethes Fragment „Reise der Söhne Megaprazons“ entliehen. Ein Jahrmarkt der Eingebildetheit, in dem vor der Heirat des Prinzen Xenon ein dubioser Junggesellenabschied stattfindet. Dieser wird ermordet, drei Jahre später sein Vater. Athanasius, Privatlehrer Xenons und, nach dessen Tod, seines Bruders Zirkon, besitzt, ohne das zu wissen, den Schlüssel zu diesem Verbrechen. Obwohl Antimonarchist, ist er Schmarotzer des schalen Glamours der Prinzen, schwul, mit seinen Gefühlen an beide gebunden. Erst spät wird er sich seiner Komplizenschaft bewusst. Die homoerotische Bindung behält bis zuletzt die Überhand. Sein letzter Satz: „Ich wünschte, ‚König‘ würde ein schlechtes Wort.“

      Alarich Arthur Athanasius und die Söhne von Megaprazon