Nach dem Stadtroman Neoplanta kommt hier ein Minderheiten-Familienroman aus der Vojvodina. Johann Schlemihl oder János Slemil oder Jovan Šlemil – je nach historischer Zeit – und sein Enkel Ferenc/Franz/Franjo leben im Újvidék des 20. Jahrhunderts von der Zeit der Monarchie bis heute auf der ständigen Suche nach ihrer Identität und ihrem Vaterland. Sie sind „kleine Leute“, die vor allem eines wollen: in Ruhe gelassen werden. Sie haben nicht die Möglichkeit, ihren Wohnort abhängig von der aktuellen politischen Macht zu wechseln, sie müssen sich mit allen Machthabern arrangieren. Welche Zugeständnisse sie dabei eingehen und wie sie versuchen, sich später wieder von ihnen zu lösen, wie Identitäten erschaffen und verschleiert werden und wie schwer es ist, sich in all den Geschichten zu orientieren, erzählt László Végel in gewohnt zugewandtem, aber zugleich spöttischem Ton in diesem Buch.
László Végel Books
László Végel is a prose writer, playwright, essayist, and critic whose work seamlessly synthesizes the traditions and narrative impulses of Hungarian literature with the literary discourses of former Yugoslavia. He is thus claimed by Hungarian literature while also penetrating the mainstream of Serbian literature, marking him as a significant minority voice. His modern, urban prose perspective positions him as a forerunner of contemporary Hungarian prose. Végel is also a notable playwright, with his works staged in theatres across the former Yugoslavia.



Neoplanta oder das gelobte Land
Stadtroman
1748 verbündeten sich die Deutschen, Serben, Ungarn, Juden, Armenier und die anderen hier lebenden Nationalitäten, sie kratzten ihre Ersparnisse zusammen, nahmen einen Bankkredit auf und fuhren mit den Unmengen an Geldscheinen nach Wien, um von der Kaiserin Maria Theresia den Titel einer Königlichen Freistadt zu kaufen. Die Kaiserin fragte sie nach dem Namen ihrer Stadt, worauf die Gründungsväter zerknirscht bekennen mussten, dass sie noch gar keinen Namen hatte. Sie baten Ihre Majestät, Namensgeberin ihrer Stadt zu sein. Die Kaiserin nahm ihre goldene Feder und schrieb in Zierschrift auf die lateinischsprachige Gründungsurkunde: Ihr Name sei Neoplanta, aber jedes Volk soll sie in seiner eigenen Sprache benennen. Sie sollen in Frieden leben, einander lieben, und die multinationale Stadt soll ein Beispiel dafür sein, wie mehrere Nationen verträglich miteinander auskommen können. Über 250 Jahre sind vergangen. Die Völker von Neoplanta – also Novi Sad – morden einander seither unablässig. Darüber erzählt dem ungarischen Schriftsteller der serbische Fiaker Lazo Pavletić.