Seine Autobiografie „Die Welt von Gestern“ und die weltberühmte „Schachnovelle“ sind die letzten Werke, die der große österreichische Schriftsteller Stefan Zweig vollendet hat. Schon 1934 verließ er Österreich, weil er Hitlers Aufstieg als Bedrohung für sein Heimatland erkannt hat. Sechs Jahre lebte er im Exil in England, dann begann sein Abschied von Europa. Verzweifelt über den Krieg und die Verfolgung der Juden nahm er sich, gemeinsam mit seiner zweiten Frau Lotte, in Petropolis, im brasilianischen Exil das Leben. Die Erinnerung an Wien und Österreich dominierte sein literarisches Schaffen der letzten Jahre. In Romanprojekten, Erzählungen und Essays erinnert er sich immer wieder an die Epoche der Kunstbegeisterung Wiens vor 1914. Und er bearbeitet auf vielfältige Weise die Traumata des Kriegs. In diesem mit vielen Fotos und Dokumenten illustrierten Lesebuch präsentieren internationale Kritiker, Autoren und Literaturwissenschaftler das späte Erbe des großen österreichischen Schriftstellers. Wenig bekannte Texte und Manuskripte aus dem Nachlass werden vorgestellt, Texte aus Stefan Zweigs Nachlass werden erstmals veröffentlicht.
Klemens Renoldner Books






Eine ungewöhnliche Familiengeschichte wird eindringlich erzählt: Der Großvater des Autors, ein Gendarmerie-Major, wird 1938/39 als politischer Häftling in Einzelhaft und im Konzentrationslager Dachau festgehalten. Sein Vorgesetzter, ein fanatischer Nationalsozialist, ist verantwortlich für die Haft anderer Kollegen. Nach dem Krieg werden die Verhältnisse umgedreht: 1946 verhaften die Alliierten den Denunzianten und versprechen eine gründliche Entnazifizierung Österreichs, doch der langwierige Prozess führt zu enttäuschenden Ergebnissen. Am 13. März 1938 wird der Gendarmerie-Major Alois Renoldner in Linz verhaftet. Trotz seiner Versuche, sich vor einem Richter zu verteidigen, scheitert er und wird ins KZ Dachau überstellt. Nach seiner Entlassung wird er zwangspensioniert, kann aber nie über die Demütigungen und Folterungen während seiner Haft sprechen. Ewald Simmer, der fanatische Nazi, wird nach dem Krieg verhaftet, kann jedoch dank eines geschickten Anwalts und durch konsequentes Leugnen seiner NS-Vergangenheit als unbescholtener Mann in die Gesellschaft zurückkehren. Die Geschichte thematisiert das Opfer, das um ein mildes Urteil für den Täter bittet, und den Täter, der sich als Opfer präsentiert. Auch die Tante des Autors, Martha, spielt eine Rolle, als sie als 16-Jährige einen Brief an Adolf Hitler schreibt, um ihren Vater aus dem KZ zu befreien – eine wahre Begebenheit.
Der Weisheit letzter Schuss
Von wankelmütigen Weltbürgernh, fadenscheinigen Biotopen und gutartigen Bünenschönheiten
Tragikomische Schicksale, gescheiterte Karrieren – das Leben schenkt einem nichts. Von unglaublichen Wendungen in den Biographien tüchtiger Einzelkämpfer, vom Alltäglichen, das sich blitzschnell ins Außergewöhnliche wenden kann, vom Wiederfinden des Glücks – davon handelt der erste Abschnitt dieser Prosa- Miniaturen. Der Erzähler schildert die Lebensläufe aus einer ironischen, aber liebevollen Distanz, sie wirken wie erlauscht, wie aus dem Leben gegriffen. Den Stationen eines Reisenden folgt das zweite Kapitel. In den Szenen aus Paris, London, Wien, Rom, Bern, Berlin, Salzburg ergänzt Renoldner erlebte Wirklichkeit und pointierte Reflexion auf ideale Weise. Anekdoten, Episoden und Erzählungen aus der Welt des Theaters versammelt das dritte Kapitel, vom Soubretten-Problem bis zur Entführung aus dem Serail auf Isländisch. Der satirische Ton dieser Prosa verdeckt nicht, dass es sich hier um Liebeserklärungen an die Künstler von Oper und Schauspiel handelt. „Der Weisheit letzter Schuss“ ist eine Sammlung von skurrilen Lebensläufen, eigenwilligen Reiseberichten und aufregenden Geschichten aus der Welt des Theaters. In Renoldners genau beobachtender Hinwendung werden die Miniaturen auch zu Parabeln des rätselhaften, tragikomischen Menschseins.
Im Zentrum der Ausstellung steht das letzte Werk, das Stefan Zweig fertig stellen konnte: die berühmte?Schachnovelle?, welche Zweig im Winter 1941/42 in Petrópolis, Brasilien (im Exil) schrieb und es war Zweigs letztes Manuskript, das er einen Tag vor seinem Suizid in Petrópolis zum Postamt gebracht hat. In mehreren Vitrinen werden Typoskripte, Erstausgaben und Dokumente der?Schachnovelle? gezeigt, man kann auch Ausschnitte aus dem 1960 entstandenen Film?Schachnovelle? (mit Curd Jürgens und Mario Adorf) sehen und mit Kopfhörer Passagen aus der Novelle anhören. Ein brasilianischer Dokumentarfilm bringt Interviews mit Zeitzeugen, einigen Bekannten Stefan Zweigs aus seiner brasilianischen Zeit. Beim Eingangsbereich wird noch einmal der Bezug zu Salzburg hergestellt: Ein großes Foto des Zweig-Hauses auf dem Kapuzinerberg ist zu sehen, dazu Zitate aus Briefen, in denen Zweig die antisemitische Atmosphäre in Salzburg beklagt. Darüber hinaus sind einige Vitrinen einzelnen Themen gewidmet, die während Stefan Zweigs Exiljahren eine Rolle spielten: z. B. seine Freundschaft mit Sigmund Freud, seine Zusammenarbeit mit Richard Strauss, sein Engagement für ein geeintes Europa, seine Hilfsbereitschaft für jüdische Flüchtlinge. Auch eine Reihe persönlicher Dokumente, vom Reisepass bis zum Abschiedsbrief, sind zu sehen.00Exhibition: Salzburg Museum, Austria (03.03.-28.05.2017).
Lilys Ungeduld
- 267 pages
- 10 hours of reading
Die scheinbar fröhliche und kraftvolle Lily stürzt sich, erst 24-jährig, von einer Brücke in den Tod. Ihr Vater, Sebastian Zinnwald, von Beruf Architekt, schließt sich in sein Bauernhaus im Engadin ein und bricht die Kontakte zur Außenwelt ab. Die ältere Tochter Veronika, alleinerziehende Mutter zweier Söhne und erfolgreiche Kinderärztin in Berlin, leidet unter dem Schweigen des Vaters. Das Psychogramm einer Familie.
