Manfred Bosch Books






Robert Reitzel, eine der stärksten und charaktervollsten Persönlichkeiten des oppositionellen Spektrums im 19. Jahrhundert, war 21jährig nach Amerika ausgewandert und fand auf dem Umweg über Landstraße und Predigeramt zur sozialen Bewegung. Als einer der populärsten Redner der USA faszinierte er seine Zuhörer, und seine 1884 gegründete Zeitschrift Der arme Teufel wurde zum publizistischen Sammelpunkt der freiheitlich-sozialistisch Denkenden. - Der anarchistische Historiker Max Nettlau nannte das Blatt eine "Schatzgrube freiheitlichen und rebellischen Fühlens und Denkens und schneidenster Sozialkritik". In seinem Blatt stellte Reitzel Herrschaft in jeder Form in Frage, kämpfte für die Emanzipation des Arbeiters und der Frauen, stritt wider moralische Heuchelei und Gewissenszwang. Wie Nietzsche erkannte er die "höchste Aufgabe und eigentlich metaphysische Tätigkeit des Lebens" in der Hingabe an die Kunst und das Schöne. Nachdem in den letzten Jahren Der arme Teufel wieder entdeckt wurde, soll in dieser Auswahl Reitzel selbst in den Mittelpunkt gerückt werden; als Mensch und faszinierende Persönlichkeit, als ketzerischer Denker, als glänzender Schriftsteller und Stilist
Mit dem Namen des weitgehend in Vergessenheit geratenen Verlegers Curt Weller (1895–1955) verbinden sich die Schicksale wichtiger Bücher aus den 1920er-Jahren und der unmittelbaren Nachkriegszeit. So entdeckte er als junger Verleger in Leipzig Erich Kästner, dessen ersten Gedichtband ›Herz auf Taille‹ er 1928 – mit Zeichnungen des damals ebenfalls noch unbekannten Erich Ohser – herausbrachte und zu dessen legendärem Roman ›Fabian‹ er den Anstoß gab. Seinen zweiten Verlag gründete der politisch hellsichtige und couragierte Weller nach der Zwangspause des »Dritten Reiches« und politischer Haft 1945 dann am Bodensee: in Konstanz und in Horn auf der Höri. Diesmal brachte er Exilautoren heraus wie Robert Neumann und Theodor Plivier und wurde zum Verleger der ersten deutschsprachigen Ausgabe des großen Exilromans ›Transit‹ von Anna Seghers, bevor er um 1950 seinen Verlag schließen musste.
Wa witt no meh
Alemannische Gedichte - herausgegeben von Siegmund Kopitzki
»Genau so reden sie, die Eltern, der Opa, die Erwachsenen«, notierte Bruno Epple über die alemannischen Gedichte von Manfred Bosch. Einem Seismografen gleich erfasst Bosch »Volkes Stimme« zwischen Bodensee und Hegau. Knapp einhundert Gedichte enthält die Auswahl »Wa witt no meh«, die überwiegend in den 1970/80er-Jahren entstanden sind und in vier Bändchen publiziert wurden. Neben den bereits veröffentlichten Texten enthält dieser Band auch neue Gedichte. Immer ist der Lesespaß garantiert.
Mit Erasmus von Rotterdam wurde der Oberrhein zur Wiege des deutschen Humanismus, hier schrieb Wickram seine Schwänke, Grimmelshausen seinen »Simplicissimus«, Pfeffel seine Fabeln. In Straßburg begründeten Goethe, Herder und Lenz den Sturm und Drang. Johann Peter Hebels Dichtung, in der das Alemannische klassisch wurde, verklammerte Baden, das Elsass und die deutschsprachige Schweiz. Romanciers wie René Schickele, Annette Kolb und Otto Flake haben hier ihre Hoffnungen auf Europa formuliert – von hier bis in die unmittelbare Gegenwart der Bogen der Moderne. In den Kapiteln »Landschaften, Städte«, »Lebenswelten«, »Auf Durchreise«, »Querelles alemanniques« und »Identität und Wandel« werden Querschnitte durch fünf Jahrhunderte gelegt, in denen die Geistes- und Literaturlandschaft zwischen Basel und Karlsruhe in Romanauszügen und Erzählungen, Essays und Gedichten plastisch wird: als fruchtbare Literaturlandschaft und als ehemalige »Katastrophenzone Europas« als Landschaft des Protestes (Whyl!) und als europäische Modellregion.
