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Im Jahr 1868 äußerte sich der Biologe Ernst Haecke: "Bekanntlich sind die Völkerschaften Südafrika?s, die Hottentotten, Buschmänner, Kaffern und andere, gewöhnlich als Negerstämme betrachtete Zweige der wollhaarigen, langköpfigen (dolichocephalen) Volksfamilie bis auf den heutigen Tag auf der tiefsten Stufe menschlicher Entwickelung stehengeblieben, und haben sich am wenigsten von den Affen entfernt. Wie von ihren gesammten physischen und moralischen Eigenschaften, so gilt dies auch von ihren Sprachen." Dieses von keinerlei Evidenz und Sachkenntnis bestimmte Vorurteil eines berühmten Naturwissenschaftlers zeigt auf erschreckende Weise, was für ein Bild Europa sich von Afrika, seinen Menschen und Sprachen noch vor etwa hundertfünfzig Jahren gemacht hat. Auch schon bei Hegel findet sich die erschreckende Äußerung: ".es ist nichts an das Menschliche Anklingende in diesem Charakter zu finden." Es galt einfach die simple Meinung: Primitive Menschen können nur entsprechend primitive Sprachen haben, deren Strukturen und Grammatiken sofern überhaupt gegeben auf keinen Fall mit denen europäischer Sprachen verglichen werden könnten. Seit etwa hundert Jahren ist nun die afrikanistische Sprachwissenschaft bemüht, vor allem auch durch vermehrte Forschungsarbeit vor Ort, den Sprachen in enger Zusammenarbeit mit ihren Sprechern auf den Grund zu gehen. Dabei werden strukturelle Feinheiten und Sonderbarkeiten entdeckt wie die im Folgenden beispielhaft gebotenen, die jede Art von negativem Vorurteil Lügen strafen. Alle grammatischen Unterschiede, die wir in unseren europäischen Sprachen ausdrücken können, finden wir auch in afrikanischen Sprachen. Dem Frankfurter Ethnologen Karl-Heinz Kohl ist die folgende begeisterte Einschätzung zu verdanken: "Dabei ist eine jede von ihnen mindestens so harmonisch aufgebaut, in sich perfekt abgestimmt und für den, der sie kennt, mindestens ebenso schön wie ein antiker Tempel oder eine gotische Kathedrale."
In den Sitzungsberichten der Wissenschaftlichen Gesellschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität werden in lockerer Folge die während der Sitzungen gehaltenen Vorträge publiziert, gelegentlich auch weitere Forschungsarbeiten. Da die Gesellschaft nicht in geistes- und naturwissenschaftliche Klassen aufgespalten ist, bilden die Berichte die gesamte Breite der universitären, aber auch außeruniversitären Forschung der Region ab. Integriert sind außerdem Sammelbände mit Nachrufen.
Die Region Österreichs, in der unsere Familiengeschichte angesiedelt ist, liegt im Herzen Oberösterreichs. In jenem Teil des Landes „ob der Enns“ – in den braunen Jahren auch Oberdonau“ genannt –, das im Westen von den Hausruckbergen, im Osten von der Traun, im Süden von der Welser Heide und im Norden von der Donau begrenzt wird. Fliegt man über diese schwach hügelige Landschaft, so fällt einem die besondere Form und Lage der Bauernhöfe ins Auge: Vierkanthöfe, jeder trutzig alleinstehend, mächtige Gehöfte, Burganlagen vergleichbar; trotz ihrer Selbstständigkeit schließen sie sich, wenige an der Zahl, zu einem Weiler zusammen. Und mitten in dieser kleinen Welt, in einem besonders fruchtbaren Becken, liegt das uralte Städtchen Eferding (ursprünglich: Everdingen). Schon 1222 mit den Stadtrechten ausgestattet, ist es eine der ältesten Städte Österreich Es ist fünf vor zwölf. Es gibt nicht mehr viele „Zeitzeugen“, die unsere Eltern noch erlebt haben; aber auch kaum jemanden, der oder die den Wunsch bzw. ein Interesse daran hätte, Erinnerungen an und gerade noch verfügbare Daten und Informationen über unsere Vorfahren und Altvorderen zu sammeln und in Schriftform festzuhalten. So haben wir uns, selbst schon fortgeschrittenen Alters, dazu entschlossen, unsere bescheidenen Kenntnisse, die wir vielen Menschen und unterschiedlichen Quellen verdanken, zusammenzustellen und auf den folgenden Seiten so übersichtlich wie möglich zu präsentieren. Natürlich kann es nur Stückwerk sein, mit vielen Lücken und wohl auch manchen Fehlern. Die Schwächen bei unserem Bemühen müssen wir in Kauf nehmen – vielleicht führen sie aber auch dazu, dass Verwandte und Kenner unserer Familie, die unsere Schrift lesen werden, daraus einen Anstoß zu Verbesserungen oder Ergänzungen ableiten.
Werkgeheimnisse afrikanischer Sprachen
Einblicke in eine verborgene Welt
Jede der rund 2000 afrikanischen Sprachen stellt ein Kunstwerk aus Lauten, Tönen und einem je eigenen Gestaltungswillen, dem Sprachgeist, dar. Nur jahrelanges Forschen vermag darin verborgene Feinheiten, quasi Werkgeheimnisse, aufzuspüren, deren Wirken jede einzelne Sprache zu etwas Besonderem macht. Die Funktion des finalen Kehlverschlusses oder die erstaunliche Bildungsweise des Konjunktivs z. B. verleiht den beiden Sprachen Tangale bzw. Mokilko einen ausschliesslich nur diesen eigenen Charakter.
The Ngas language
- 300 pages
- 11 hours of reading
Das Ngas (Angas), eine afroasiatische tschadische Sprache mit ca. 400.000 Sprechern, wird auf dem südlichen Plateau Nordnigerias gesprochen. Das Buch umfasst eine Grammatik und ein etwa 2000 Lexeme umfassendes Ngas-Englisch-Wörterbuch.
Die Erkenntnis der Qualität einer afrikanischen Sprache hängt wesentlich davon ab, dass man ihre dreidimensionale Struktur wahrnimmt: Ein Wort aus Konsonant und Vokal wird erst durch den musikalischen, bedeutungstragenden Ton ein Ganzes. Der Laut- und Tonreichtum afrikanischer Sprachen sowie ihr hoher Präzisionsgrad sind Ausdruck einer ursprünglich engen Bindung und Verflochtenheit ihrer Sprecher mit Natur und Umwelt. Die formenreichen und hoch differenzierten Sprachen sind Seismographen äußerst sensibler und komplexer Gesellschaftsstrukturen.