Die Biographie, lange Zeit als überholte Geschichtsschreibung betrachtet, gewinnt überraschend an Akzeptanz. Die neue biographische Forschung sieht die untersuchte Person nicht mehr als autonome Einheit ohne lebensweltliche Bezüge. Mit dem Aufschwung dieser Forschung geht eine intensive Auseinandersetzung über Verstehensfragen einher, da die erkenntnistheoretischen Grundlagen des Historismus in der traditionellen Biographik verankert waren. Die Diskussionen um innovative biographische Ansätze werfen auch Fragen zur angemessenen Form der Darstellung auf; es besteht Einigkeit darüber, dass Biographik nicht mehr in konventioneller Narration erfolgen kann. Diese Debatten thematisieren zudem die wissenschaftliche Erkenntnisleistung für die historischen Kulturwissenschaften. Inhalt: Hans Erich Bödeker beleuchtet den aktuellen Forschungsstand zur Biographie. Willem Frijhoff untersucht die Erfahrung und Handlungsmacht im kulturellen Kontext anhand der Biographie von Everhardus Bogardus. Anthony J. La Vopa reflektiert über Fichte aus einer kontextualisierten Perspektive. Kurt Nowak thematisiert das Verhältnis von Schleiermacher und seiner Umwelt. Beatrix Borchard diskutiert Montage als biographisches Verfahren, während Christoph Gradmann die medizinhistorische Biographik in Deutschland hinterfragt. Thomas Söderqvist betrachtet die Wissenschaftsgeschichte im Stil Plutarchs und Jacques Revel erörtert die Biographie als historiographisc
Hans Erich Bo deker Books






Alphabetisierung und Literalisierung in Deutschland in der Frühen Neuzeit
- 366 pages
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Dieser Band ist die erste umfassende Aufsatzsammlung zum Stand der Alphabetisierung im frühneuzeitlichen Deutschland. Durch die Einbeziehung der Auswertung von qualitativen Quellen erweitern diese Studien die statistischen Untersuchungen zur Signierfähigkeit um 1800 zur Erforschung von Schriftlichkeit. Durch ihre Analyse der konkreten Aneignungs- und Gebrauchsformen der Schrift im Alltag nehmen sie die private sowie die gesellschaftliche Seite dieser Schriftlichkeit in den Blick. Als Untersuchungen von Schriftlichkeit als sozialer Praxis stellen sie die Entwicklung der Schriftkultur in die enge Wechselwirkung mit zentralen Prozessen der frühneuzeitlichen Geschichte.
Wissenschaftsgeschichte kann sich heute nicht mehr damit begnügen, den Fortschritt der Erkenntnisse zu beschreiben. Vielmehr gilt es, den Blick auf die spezifischen Praktiken der Wissenschaftler zu richten und die kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenhänge zu analysieren, in denen bestimmte Wissenschaften entwickelt und verändert wurden. In diesem Band wird Wissenschaft als soziale und kulturelle Praxis untersucht, als ein gesellschaftliches Element unter anderen. Wie wird Wissenschaft produziert und angeeignet? Welche Schritte sind zurückzulegen, bis ein wissenschaftliches Produkt, etwa in Form einer Publikation, gestaltet ist? Welche Verfahrensweisen werden gewählt, um das Ergebnis von der Subjektivität des Forschers abzulösen und es auf die Ebene wissenschaftlicher »Objektivität« zu heben? Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes befassen sich mit so verschiedenen Wissenschaften wie Biologie und Geschichte, Medizin, Ethnographie und Kriminologie in der Periode, in der sich »moderne Wissenschaft« herausbildete. In übergreifenden Darstellungen und in detaillierten Fallstudien durchbrechen sie immer wieder die Grenzen einzelner Disziplinen, stellen neue Ansätze vor und erproben ungewohnte Fragestellungen.