Süskinds Dichtungen zeichnen sich immer wieder dadurch aus, daß seine Protagonisten merkwürdig sonderbar wirken. Sie leben in einer ständigen Außenseitersituation. Das vorliegende Buch unternimmt den Versuch, diesen Außenseiterstatus zu erklären und zu deuten. In einer systematischen Analyse wird Jonathan in den Mittelpunkt der Untersuchung gestellt. Seine Nöte und seine Ängste werden genau herausgearbeitet und beschrieben. Aufschlußreich dabei ist Jonathan Noels Verhalten zur Welt. Einsinnig betrachtet er sie. Diese Einsinnigkeit hat ihren Ursprung in einem äußerst eng aufeinander abgestimmten Lebensplan. Dieser Lebensplan hat sich über Jahrzehnte bewährt. Eines Tages aber ist kein Verlaß mehr auf den Lebensplan, da dem Protagonisten etwas zustößt, womit er nicht gerechnet hat. Dadurch ergeben sich für Jonathan Verwirrungen. Am Beispiel dieser existentiellen Verwirrungen zeichnet der Autor den Weg Jonathans nach, bestimmt die Verwirrungen und bindet sie in die Dichtung ein. Zum ersten Mal liegt damit eine fundierte wissenschaftliche Untersuchung über Patrick Süskinds „Die Taube“ vor.
Thomas So der Books





Die Vorliebe für Außenseiter ist bei Patrick Süskind unbestritten. Der Protagonist aus Die Taube, genauso wie Jemand aus Der Kontrabaß oder Herr Sommer aus der gleichnamigen Erzählung, sind die Sonderlinge der Moderne. Sie entfernen sich bewusst von ihren Mitmenschen und von der Welt und sind geprägt durch eine eigentümliche Lebensweise, die fern jedes normativen Verständnisses liegt. Durchgängig gestaltet Süskind diese Art von Figuren. In Patrick Süskinds Stück Der Kontrabaß reflektiert ein Musiker unmittelbar vor einem Konzertauftritt über Stufen seines Lebens. Dabei ist auffallend, inwieweit für ihn Leben und Musik einander entsprechen. Skurriles steht neben Groteskem, Phantastisches neben Durchschnittlichem, Flüchtiges und nur Angedeutetes neben Unverrückbarem. Der Monolog des Kontrabassisten vergegenwärtigt das Zerrissene und Fordernde des Protagonisten, verdeutlicht zugleich aber auch das Lähmende und Mechanische dieser Figur. Ein mechanisiertes Ich überantwortet sich einem marionettenhaften Dasein; das starre Verharren in seiner Lebensführung, Ausdruck von eingefahrenen Lebenswegen, erlaubt keine stringente Entwicklung. Nichts löst sich von ihm ab, alles bleibt stets gegenwärtig – eine Gegenwärtigkeit, die auch Widersprüchliches und Gegensätzliches mitbedenkt.
Sonderbare Gefährten in Patrick Süskinds Der Kontrabaß, Die Taube, Die Geschichte von Herrn Sommer
- 121 pages
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Die deutsche Literatur ist reich an Sonderlingen, deren Typus von der Renaissance über die Romantik bis in die Moderne überall aufzufinden ist. Der Sonderling ist ein kulturgeschichtliches Phänomen, zweifellos unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen und deren Veränderungen. Der Status des Außenseiters, der sich nur bedingt in der Welt zurechtfindet, ist ihnen dabei allen gleich. Die sonderbaren Gefährten Süskinds sind eigentümlich hintergrundlos und eindimensional angelegt. Absonderliche Ansichten und widersinnige Verhaltensweisen zeichnen diese Gestalten aus. Eingekapselt in ihrer Welt scheinen sie den Aufgaben des Alltäglichen kaum gewachsen zu sein. Süskind entwirft tragikomische Sonderlinge.
Jakob Michael Reinhold Lenz: Der Hofmeister
Gestalt und Gestaltung
Kein anderer Dramatiker erfuhr so viel Abweisung und Vorbehalte, zugleich aber auch Bewunderung und Bestätigung in der Beurteilung seines Werkes wie Jakob Michael Reinhold Lenz. Tragikomödien und Prosadichtungen, kritische Studien zur Ästhetik und Gesellschaftspolitik finden sich in Lenz`Werk genauso wie eine umfangreiche Lyrik. Das Leidenschaftliche und das Marionettenhafte in den Figuren werden bei Lenz simultan gefasst. Oftmals vereinigen sie den Ausdruck des Grotesken mit der Unabänderlichkeit des Schicksalhaften. Lähmend wirkt fast jede ihrer Bewegungen, am deutlichsten zeichnet sich dies in Der Hofmeister ab.