Die Arbeit der Bauleitung ist Handeln in hochgradig kontingentem Umfeld. Die Bedingungen der Bauproduktion wie Boden und Wetter, neue Wünsche des Bauherrn im laufenden Bauprozess, Fehler in Plänen, verzögerte Materiallieferungen sowie unvorhergesehene Ereignisse führen dazu, dass immer wieder etwas anders kommt als erwartet: Auf einer Baustelle ist niemals alles voraussehbar oder gar beherrschbar. Trotzdem muss entschieden und gehandelt werden, oberste Priorität hat der Fertigstellungstermin. Anhand von 13 Fallstudien demonstriert Syben in diesem Band, mit welchen Strategien die Akteure die Kontingenz bewältigen und sicherstellen, dass das gebaut wird, was gebaut werden soll, und das möglichst termingerecht. Er analysiert zudem eine neue Arbeitsteilung in der Bauleitung, neue Anforderungen an die Kompetenz der Beschäftigten sowie die paradoxen Folgen der mobilen Kommunikation auf Baustellen: War Erreichbarkeit früher ein Problem, ist sie mittlerweile zu einer neuen sozialen Norm geworden. Die Untersuchung verdeutlicht, dass die Bewältigung von Kontingenz ein zentrales Merkmal der Arbeit der Bauleitung ist – das macht sie arbeitssoziologisch auch branchenübergreifend aufschlussreich.
Gerd Syben Books






Kompetenz im mittleren Baumanagement
Ein ECVET-Modell zur Feststellung, Bewertung und Anerkennung von Berufserfahrung
Die Durchlässigkeit von Bildungsgängen erfordert die Anrechnung von bereits erbrachten Lernleistungen und vorhandenen Kompetenzen. In der beruflichen Bildung gilt dies auch für die Kompetenzen, die auf informellem Lernen am Arbeitsplatz beruhen, also auf beruflicher Erfahrung. In diesem Band wird - auf der Basis von Ergebnissen eines im Rahmen der Pilotinitiative DECVET des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführten Projekts - ein Modell präsentiert, wie Berufserfahrung festgestellt und als Lernergebnis auf berufliche Bildungsgänge angerechnet werden kann. Dazu muss Anrechnung keineswegs immer formal verankert sein. Es wird gezeigt, wie Kompetenz aus Berufserfahrung festgestellt und wie sie angerechnet werden kann, welchen Stellenwert sie im Rahmen individueller Karriereplanung und betrieblicher Personalentwicklung hat und warum ein System von credits dazu nicht benötigt wird. Der Band enthält außerdem eine Untersuchung des EU-Konzepts der Referenzbildungsgänge, einen Leitfaden mit Hinweisen für die Herstellung von Aufgaben zur Kompetenzfeststellung sowie ein Konzept und Material für die Schulung zum Einsatz handlungsorientierter Situationsaufgaben in der Prüfung.
Das Vorhaben sollte die Frage untersuchen, ob sich das Konzept der Lernenden Branche als Zieldimension für ein Leitbild Bauwirtschaft eignet und, wenn ja, wie der Beitrag einer Lernenden Branche zur Entwicklung eines Leitbildes konkretisiert werden kann. Diese Zieldimensionen und der Status der Bauwirtschaft wurden in einem kooperativen Arbeitsansatz unter breiter Beteiligung von Expertinnen und Experten aus dem Feld (am Leitbildprozess beteiligte Verbände, Unternehmen, Bildungseinrichtungen der Bauwirtschaft) sowie aus der Wissenschaft konzeptuell entwickelt und im Hinblick auf den Stand ihrer Realisierung untersucht. Betrachtet wurde die zentrale Wertschöpfungs-kette des Planens und Bauens mit den wesentlichen Berufsgruppen Architektinnen und Architekten, Bauingenieurinnen und Bauingenieure, mittleres Baustellenmanagement und bauausführende Fachkräfte. Um die Breite des Feldes abzudecken wurden zu jedem der Arbeitsbereiche zwölf thematischen Expertisen erarbeitet, die auf drei Experten-Workshops vorgestellt und diskutiert wurden. Die Ergebnisse wurden in einem weiteren abschließenden Workshop zusammengeführt.
Bauunternehmen in Deutschland können nur mit hoher Qualifikation der Arbeit und hoher Qualität der Produkte ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und ausbauen. Entscheidend ist die berufliche Kompetenz der Beschäftigten auf allen Ebenen. Der Wandel des gesamtwirtschaftlichen Rahmens sowie der demografischen Entwicklung als auch der anhaltende Strukturwandel der Bauwirtschaft verändern jedoch die Bedingungen, unter denen das vitale Interesse der Branche an einer qualitativ hochwertigen beruflichen Aus- und Weiterbildung befriedigt wird. Für eine vorausschauende integrierte Beschäftigungs-, Industrie- und Berufsbildungspolitik sind folglich aktuelle und zuverlässige Informationen über die strukturellen Entwicklungen und damit sowohl über den veränderten Bedarf an Fachkräften als auch über das Angebot an Ausbildungsbewerbern erforderlich. Das BAQ Forschungsinstitut legt hiermit eine regionale Analyse für Hessen und angrenzende Regionen vor. Die Ergebnisse dieser Studie sowie die darauf abstellenden Einschätzungen und Empfehlungen sind als Planungs- und Entscheidungshilfe für die zuständigen Träger der Aus- und Weiterbildung gedacht.
Kompetenz der Beschäftigten, Weiterbildung und die Eröffnung von Karrierewegen für junge Bauleute – das sind die zentralen Bestandteile einer innovationsorientierten Branchenpolitik für die Bauwirtschaft, wenn sie den Strukturwandel am Bau bewältigen, die Wettbewerbsfähigkeit sichern und das Image der Branche nachhaltig verbessern will. Unter diesem Blickwinkel haben die Verfasser die Handlungsfelder und die Anforderungen an die Kompetenz der Beschäftigten der mittleren Führungsebene auf Baustellen empirisch untersucht, die aktuelle berufspädagogische Diskussion zur Weiterbildung aufgearbeitet und Strukturprinzipien europäischer Bildungspolitik (wie Zertifizierung von Kompetenzen, Transparenz von Abschlüssen, Berücksichtigung nicht-formalen und informellen Lernens) einbezogen. Im Ergebnis stellen sie hier die Grundlagen eines Modells der Weiterbildung dar, das nicht nur eine Modernisierung der Personalwirtschaft in der Baubranche repräsentiert; es ist mit seinen zentralen Elementen der Modularisierung, Handlungs- und Kompetenzorientierung und der Anerkennung von Kompetenzen, die außerhalb formaler Lernprozesse erworben wurden, auch ein richtungsweisender Beitrag in der Diskussion über die Wissensgesellschaft.
Syben legt hier - bisher einmalig in der deutschen sozialwissenschaftlichen Literatur - eine umfassende industriesoziologische Bestandsaufnahme der Unternehmensentwicklung und Arbeitskräftepolitik der Bauwirtschaft in der Bundesrepublik vor. Systematisch gegliedert befaßt er sich mit der Branchenstruktur, ihrer Umwälzung unter dem Druck neuer Marktverhältnisse und Wettbewerbsbedingungen und mit den strategischen Optionen der Unternehmen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. Der Autor analysiert den Prozeß des Bauens von der Entscheidung des Bauherrn bis zum Betrieb des fertigen Gebäudes, die Umwälzung der Rollen und Machtverhältnisse der Akteure, die Entwicklung der Unternehmen zwischen Global Players, Subunternehmerketten und neuen Tagelöhnern, die betrieblichen Rationalisierungsstrategien und die neuen Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten, wobei er den Verwerfungen am Arbeitsmarkt und den Gefahren für die Berufsbildung und das System der branchenspezifischen Regulierung besondere Beachtung schenkt. Zugleich entfaltet Syben aus seiner Analyse der stofflichen und gesellschaftlichen Besonderheiten des Absatzes und der Produktion von Bauwerken ein begriffliches Gerüst zur Interpretation der Entwicklung und der Perspektive dieser Branche.
Dieser Band beleuchtet einen bisher blinden Flecken auf der Landkarte industriesoziologischer Forschung: die Entwicklung von Arbeit und Technik, von Organisation und Qualifikation in der Bauwirtschaft. Korrigiert wird dabei das Bild von der „Nachzüglerbranche“, die nur verspätet durchläuft, was die Industriesoziologie anhand anderer Branchen längst aufgezeigt hatte. Vielmehr weist dieser vermeintlich rückständige Sektor einige höchst „moderne“ Entwicklungen auf: Trotz fehlender Automation auf der Baustelle eine scharfe Rationalisierung durch die Forcierung zwischenbetrieblicher Arbeitsteilung und durch den Weg zum „schlanken“ Unternehmen; das Rationalisierungsdilemma von Gewährleistungsarbeit, die Gleichzeitigkeit von Attraktivitätssteigerung der Arbeit und Belastung und ambivalente Bewertungen durch die Beschäftigten; gleichzeitige Bewältigung des Transformationsproblems durch verschiedene Strategien von Arbeitskräfteeinsatz und Kontrolle; Externalisierung von Risiken durch Rückgriff auf ausländische Arbeitskräftepotentiale statt der Heranbildung eines eigenen Facharbeiternachwuchses. Damit stellt sich die Frage, ob am Paradigma einer allgemeinen industriellen Entwicklung festgehalten werden kann, oder ob nicht zum Begriff industrieller Entwicklung auch die Gleichzeitigkeit des Vielfältigen und Widersprüchlichen hinzugedacht werden muß.