Ulrich Bräuel Books






»Ich finde es beinah natürlich, dass wir an Besuchenden mancherlei auszusetzen haben, dass wir sogleich, wenn sie weg sind, über sie nicht zum Liebevollsten urteilen; denn wir haben sozusagen ein Recht, sie nach unserm Maßstabe zu messen. Selbst verständige und billige Menschen enthalten sich in solchen Fällen kaum einer scharfen Zensur.« Johann Wolfgang von Goethe
Gottfried hat keine Adresse. Er ist nicht erreichbar wie normale Bürger. Er ist eine abstrakte Figur, ein Jedermann in unserer Gesellschaft, der von einem sozialen Prozess getroffen werden kann, den wir als den unbegründeten Verdacht kennen. Er lässt den Betroffenen in den Augen anderer als einen Menschen erscheinen, der vielleicht oder bestimmt unehrenhaften Tuns schuldig ist, das er in Wahrheit nicht begangen hat. Das kann mannigfache Ursachen haben, zum Beispiel gezielt in Gang gesetzt worden sein, um jemandem Schaden zuzufügen, oder schiere Tratschsucht und anderes mehr. Auch Missverständnisse können dazu führen. Ein solcher Prozess macht vor niemandem Halt. Die zum Schutz davor berufene Straf-Justiz kommt mit ihren hölzernen Händen nur selten zum Zugriff. Oft, weil der Betroffene von den laufenden Verdächtigungen gar nichts erfährt, vielfach auch, weil ein verantwortlicher Verursacher nicht zu ermitteln ist. Die Geschichten dieses Bandes eröffnen einige kurz gefasste Einblicke in typische Geschehensabläufe und Ursachen dieses sozialen Phänomens.
Mit der Novelle „Pauline“ veröffentlicht der in Lindau am Bodensee lebende Rechtsanwalt Ulrich Bräuel, der jahrzehntelang in Berlin praktizierte, sein drittes Buch bei TRIGA - Der Verlag in Gelnhausen. Pauline ist eine gelungen komponierte Novelle, die eine besondere Würze durch den Berliner Jargon ihrer Protagonistin erhält. Danke, liebe Mama, für de Muttersprache, an die werd ick mir flott durchs janze Leben ziehn. Paulines Leidenschaft ist gutes Kochen. Die junge Berlinerin hat der Liebe wegen ihre Ausbildung zur Küchenmeisterin verbummelt und ist einer neuen Neigung wegen nach Westdeutschland gezogen. Dort tritt sie bei einer wohlhabenden Familie die Stelle als Köchin und Hausbesorgerin an. Ihre genialen Kochkünste sorgen regelmäßig für große Begeisterung bei der Familie und deren Gästen. Pauline ist glücklich in ihrem kreativen Element, doch die gesellschaftliche Kluft zwischen ihr und ihrem Arbeitgeber wird ihr zunehmend bewusst und zur Belastung. Pauline ist eine ehrliche Haut, die couragiert ihre Meinung vertritt. Ihre Freiheit geht ihr über die Sicherheit eines langfristigen Arbeitsvertrages mit Lohnerhöhung – Sie geht ihren eigenen Weg. Weitere Veröffentlichungen bei TRIGA - Der Verlag: Bei TRIGA – Der Verlag erschienen von Ulrich Bräuel bereits der Kriminalroman Das Tagebuch der Susanne K. und die Novelle Der Erbkater.
Im Jahr 1974 versammelt sich eine diverse Gruppe von Menschen zur Testamentseröffnung in der Kanzlei eines Notars, um das Erbe des Multimillionärs Theodor Armand Pointcilit zu erfahren. Der Deutsche hugenottischer Abstammung hat in Brasilien und Deutschland über die Jahre ein enormes Vermögen angehäuft, das seiner Familie ein sorgenfreies Leben ermöglicht: seiner treuen Ehefrau, dem ältesten Sohn mit sozialistischen Ansichten, der sich durch Designerkleidung ausdrückt, und der jüngsten Tochter, dem verwöhnten Partygirl. Pointcilits Hauptanliegen war jedoch, seine Familie in Deutschland im Ungewissen über sein Leben in Brasilien zu lassen. Am Ende seines Lebens verfasste er ein Testament, das seine Erben überrascht. Die Erben und ihre Begleiter repräsentieren eine Vielzahl von Charakteren mit widersprüchlichen Persönlichkeiten. Pointcilit selbst wird als integrer Machtmensch dargestellt, der zeigt, dass der unbedingte Wille zum Erfolg und ethisches Handeln miteinander vereinbar sind. Die Novelle bleibt auch in Zeiten von Börsencrashs und Bankenpleiten relevant, da sie die Verantwortung thematisiert, die mit Reichtum einhergeht.
Jakob, der Kater, der heimliche Protagonist in dieser Novelle, verursacht turbulente Konflikte zwischen den Generationen, entfacht Erbstreitigkeiten und stürzt am Ende alle in Ratlosigkeit. Von alledem ahnt das Tier natürlich nichts, und die Menschen wissen auch nicht viel mehr. Das lebensnahe Bild einer Verwebung von Tierliebe und menschlichen Beziehungen zeigt diese dramatische Geschichte um eine wohlhabende Familie. Ein spannend und farbig geschriebenes Buch!
Ein Bischof vor Gericht
Der Prozeß gegen den Danziger Bischof Carl Maria Splett 1946
Der letzte deutsche Bischof von Danzig, Carl Maria Splett (1898-1964), ist seit 1945 ein umstrittenes Thema in der polnischen und deutschen Diskussion. Er wurde 1946 wegen angeblich polenfeindlichen Verhaltens von einem Gericht in Danzig zu einer langen Haftstrafe verurteilt und konnte erst 1956 in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen. Das Urteil bleibt in Polen bis heute unangetastet, trotz Bemühungen um eine Rehabilitierung. Der Sammelband untersucht Spletts Wirken und Verhalten im Zweiten Weltkrieg sowie seinen Prozess aus historischer, juristischer und theologischer Sicht. Im Fokus stehen Fragen zum Verhältnis von Kirche und Muttersprache, den Rechtsgrundlagen des Prozesses und den Beziehungen zwischen Kirche und Staat in Polen nach 1945. Der Band soll den polnisch-deutschen Dialog fördern. Die Beiträge umfassen unter anderem eine Stellungnahme zu Spletts Rolle zwischen Polen und Deutschen, die Debatte über ihn in Polen seit 1989, historische Hintergründe, eine Prozessanalyse, kirchenrechtliche Aspekte, den Gebrauch der Muttersprache im Gottesdienst sowie die Problematik von Schauprozessen in Polen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
Jahrzehntelang diente die schwarze Mappe der Aufbewahrung von diversen Papieren, die mit Danzig zusammenhingen. Als Fünfzehnjähriger mußte Ulrich Bräuel Anfang 1945 aus seiner Heimatstadt flüchten. Mit der Zeit verblassten die Erinnerungen an den Ort der Kindheit. Erst nach der politischen Wende im Osten 1989/90 und nachdem er auf verschollen geglaubte Manuskripte seines Vaters gestoßen war, nimmt der Autor die Spur zu dem lange zurückliegenden Lebensabschnitt und zu seiner Familiengeschichte wieder auf. Die Fahrt nach Danzig wird eine Reise in die Erinnerung, der Wiederbegegnung mit der Heimat der Kindheit und Jugend. Sie wird aber auch eine Konfrontation mit der politischen Vergangenheit der dreißiger Jahre und der Kriegszeit sowie mit der Gegenwart des polnischen Gdansk. Vor allem aber sucht und erlebt Ulrich Bräuel die Heimat seines noch in Danzig verstorbenen Vaters, erfährt dort eine neue Begegnung mit ihm, die neue Fragen aufwirft und zu weiteren Nachforschungen drängt.