Zur Semiotik der Inversion
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Die „verkehrte Welt“ war ein Lieblingsthema in der Volkskultur der frühen Neuzeit. Man kannte sie bereits in der Antike und stellte sie ausgiebig in der populären Druckgraphik und in vielen Dichtungen des 16. Jahrhunderts dar. Hier standen Menschen auf dem Kopf, segelten die Narren nach Utopia, schlug der Esel die Laute und hütete der Wolf die Schafe. Die zeichenhaft zu inszenierende Inversionswelt fand im Karneval und in der Festkultur zusätzlichen Spielraum. Symbol der Lachkultur und Träger des alle Gegensätze austauschenden Verkehrungsprinzips war die Figur des Narren. Als Grenzgänger und Demonstrationsfigur öffentlicher Belehrung stand der Narr für gesellschaftlichen Umbruch, menschliche Vitalität und Aufbruch in eine neue Zeit. Sein häufiges Erscheinen bezeichnet die potentiell mögliche Relativierbarkeit der Werte. In den als satirischer Weltspiegel dienenden Narrendichtungen erfuhr der Träger des kulturellen Konzepts der Inversion ein paradoxes Bedeutungsspektrum, das hier ausführlich dargestellt wird. Zu den klugen Narrenfiguren gehören auch die Schwankhelden Markolf und Eulenspiegel, deren Zeichenhandlungen im strukturanalytischen Kulturvergleich mit den Verkehrungstaten des afrikanischen und nordamerikanischen Schelmentypus „Trickster“ untersucht werden. Dieses materialreiche Buch bietet einen wesentlichen Beitrag zur Literaturgeschichte und historischen Anthropologie der „verkehrtenWelt“.