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Briefe an van Gogh

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Im Dialog mit van Gogh verbinden sich Malerei und Literatur. Es sind intensive Auseinandersetzungen und Erfahrungen, die es der Autorin ermöglichen, van Goghs lebenslange Konflikte mit dem Anspruch und dem Sinn der Kunst ins Heute zu übersetzen. Ihre Fragen sind spontan, herausfordernd, verzweifelt. Die Zeit des Impressionismus mit dem Angriff auf ein abschließbares absolutes Welt- und Malbild ist der Icherzählerin eine stets akute, innere Gegenwart: am Beispiel von van Gogh versucht sie, das Ideal vom „richtigen“ Bild zu komponieren. Der literarische Nachlass van Goghs, seine Briefe, sind die Pinselstriche, durch die im Frage- und Antwortspiel ein neues Bild entsteht. „Nun fragen Sie mich, warum aus meinen Malversuchen trotzdem nichts geworden ist, da ja Respekt und der Blick für die Dimension des Bildlichen die richtigen Ausgangspunkte sind? Ich muß sagen, irgendwie male ich doch, aber nur im Kopf, nur in Gedanken, jede andere, an die Verwirklichung, das Handwerkliche heranreichende Absicht ist mir versperrt. Eine Wirklichkeit außerhalb des Denkens gibt es nicht, heißt das. Jeder Strich könnte ein anderer sein, jede Farbe eine andere, das E I N E, die E I N E Aussage gibt es nicht. Aber die meine? Meine? Ich weiß nicht. Vielleicht fehlt mir das Subjektive. Die einzigartige Aussicht, die besonderen Augen, der treffsichere Blick? Hätte ich einen Funken Ihrer Eigenheit, Ihres Starrsinns, Ihre verbissene Willkür: Alles oder nichts! Das Feuer Ihrer Idiotie - und ich wäre ein wirklicher Maler. Hätte ich, um das Wort nochmals zu gebrauchen, genug Kraft zum Wahnsinn, ich wäre Maler und gesund. Etwas habe ich dennoch von Ihnen gelernt (soweit geht meine Bereitschaft!). Geduld. Ungeheure Geduld. Noch gebe ich nicht auf. Nicht ganz jedenfalls. Ich habe mir vorgenommen, die weiße Leinwand mit jenem Seifengrün einzufärben, das Ihnen offensichtlich so gut gefiel, der Grundton, von dem aus Sie einerseits das Grau und Braun der klassischen, rembrandtschen Palette aufzuheben wagten, andererseits schon die künftige kühne reine Farbe kommen sahen. Sie speichern Ihr Gehirn mit einer pseudo- neutralen Farbqualität, fühlen Sie es? Zu den heißen Farben, zu Ocker und Chromgelb, zu Orange und Rot gestattet eine derartige Grundkomponente nur zaghafte Verbindungen, und wenn, sehr gefährliche, schreiende -; die kühlen Töne, Ultramarinblau, Preußischblau, Violett finden keine Unterstützung. Ihr Seifengrün erzeugt einen fremden silbernen Glanz. Eine ferne Welt ohne Erde und ohne Sonne. Ich denke auch an Ihr grünes Selbstporträt. An die Farblosigkeit Ihrer Stirn. Sie haben die Farbe, die selber das Licht ist, erfunden. Ob ich jetzt an die Leinwand gehe, weil ich den Brief schließe? Ich weiß es nicht. Mein Atelier ist, wie Sie wissen, im Kopf: Ein Labyrinth, dessen zahlreiche Ausgänge zugleich Eingänge sind. Es gibt kein MUSS; aber wer weiß, vielleicht gab es ursprünglich eines; vielleicht gibt es unter den unsichtbaren Gängen sichtbare, und - wer weiß? - vielleicht stürzt das Obere über das Untere, begräbt oder befreit mich, ganz nach Zufall. Schicksal ist der Zufall, der dir gehört, nicht wahr?“

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Briefe an van Gogh, Friederike Schwab

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1992
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