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Zukunft der Erwerbsarbeit

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AuszugDie OECD kommt in ihrer umfassenden Untersuchung der Einkommensentwicklung zu dem für neoliberale Arbeitsmarktkonzepte vernichtendem Schluß: „Es gibt nur wenig schlüssige Belege, die zeigen, daß Länder mit einem geringen Anteil an Niedrigbezahlten dies auf Kosten höherer Arbeitslosenzahlen oder einem geringeren Beschäftigungsniveau wie besonders gefährdete Gruppen wie Jugendliche oder Frauen erreicht haben“ (OECD 1996a: S.76) Woran liegt es, daß mehr Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt nicht zu den von wirtschaftsliberaler Seite prognostizierten Effekten führt? Wir sehen hierfür zwei Mängel im theoretischen Denkmodell: Erstens wird die Dynamik der Arbeitsmärkte nicht in Rechnung gestellt. Die Annahme, daß man eine Größe, nämlich die Löhne, ändern kann und dabei die anderen Größen, wie die Produktivität des Beschäftigten und sein Arbeitsangebot gleich bleiben, ist unrealistisch. Wenn die Löhne sinken, ändert sich sowohl das Verhalten der Beschäftigten als auch das der Unternehmen. Motivation und Arbeitsbereitschaft und mithin auch die Grenzproduktivität sinken bei vielen Arbeitskräften offensichtlich soweit ab, daß ihre Beschäftigung für die Unternehmen aufgrund der geringen Arbeitsleistung immer unrentabler wird. Die Unternehmen wiederum reduzieren bei sinkenden Löhnen ihre Investitionen in das Humankapital der Beschäftigten, so daß die Produktivität zurückgeht. Im Ergebnis beider Entwicklungen sinken trotz niedrigerer Löhne die Anreize für die Unternehmen, mehr unqualifizierte Arbeitskräfte zu beschäftigen. Zweitens können die Ursachen für Arbeitslosigkeit nicht alleine im Arbeitsmarkt gesucht werden. Das Beschäftigungsniveau wird ganz wesentlich durch makroökonomische Faktoren, wie das Niveau der Realzinsen, die Währungsrelationen, die Innovationsdynamik, die Bevölkerungsentwicklung und die Fiskalpolitik bestimmt. Der Arbeitsmarkt muß in diesen Geflecht analysiert werden, anstatt ihn nur isoliert zu betrachten, was gleichermaßen intellektuell verarmend wie wirtschaftspolitisch gefährlich ist. So kann man die in den 80er Jahren vorübergehend etwas günstigere Beschäftigungsentwicklung in Großbritannien und den deutlich schnelleren Anstieg der Beschäftigung in den USA mit den besonderen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in diesen Ländern erklären: In einem Vergleich zwischen Großbritannien und Deutschland zeigt Heise (1997), daß 90% der Differenz der Arbeitsmarktentwicklung durch eine weniger restriktive Geldpolitik, eine expansivere Finanzpolitik und eine Unterbewertung der Währung in Großbritannien erklärt werden kann. Diese drei Makrofaktoren haben sich auch in den USA wesentlich günstiger als in Deutschland entwickelt (DIW 1997a und b). Daß der Beschäftigungszuwachs in den USA aber höher als in Großbritannien ausgefallen ist, bedarf zusätzlicher Erklärungen. Eine wichtige Ursache hierfür ist die ungleich größere Innovationsdynamik in den USA. Die USA gaben 1994 rund achtmal soviel für Forschung und Entwicklung aus wie Großbritannien und rund fünfmal soviel wie Deutschland (Ministerium für Bildung Wissenschaft 1996) und haben hier oft auch unterstützt durch staatliche Nachfrage Leitmärkte in wichtigen Innovationsfeldern aufgebaut. Aus diesem Grunde sind die meisten neuen Arbeitsplätze auch in den oberen Einkommenssegmenten entstanden. In Deutschland hingegen lagen solche günstigen Makrobedingungen nicht vor; zusätzlich belastete die Wiedervereinigung den Arbeitsmarkt. aus Kapitel 3: Arbeitsmarkt und soziale Sicherung Ist Vollbeschäftigung nur auf Kosten des sozialen Gleichgewichts möglich?

Parameters

ISBN
9783593361352
Publisher
Campus-Verl.

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Publication

1998

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€2.15