Totalitärer Pluralismus
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Jürgen Bast rekonstruiert die Arbeiten Franz L. Neumanns aus den Jahren 1933 bis 1944, in denen sich dieser aus der Distanz des Londoner und New Yorker Exils mit dem Recht, der Politik und der Ökonomie des Nationalsozialismus auseinandersetzte. Der Nationalsozialismus wird darin als die Radikalisierung dominanter Entwicklungstendenzen des 20. Jahrhunderts gedeutet, die in der völligen Auflösung rechtsnormativer Strukturen und der Zersetzung einer einheitlichen Staatsgewalt gipfelten. Diese doppelte Zerstörung der grundlegenden Rationalitätsmomente eines modernen Staates - Souveränität und rechtliche Freiheitsgarantie - hat Neumann mit dem allegorischen Begriff des 'Behemoth' bezeichnet. Jürgen Bast entschlüsselt dieses Symbol als Hinweis auf die Struktur eines 'totalitären Pluralismus'. Er zeigt, wie Neumann den aus der Analyse und Kritik der Weimarer Republik gewonnenen Pluralismusbegriff auf den Nationalsozialismus und dessen 'Verfassungs'-Struktur anwendet. Dabei handelt es sich um einen vielfach verkannten Schlüsselbegriff des Neumannschen Denkens, in den insbesondere die Erfahrung des Scheiterns der demokratischen Arbeiterbewegung der Weimarer Republik eingegangen ist. Die Pluralismus-theoretische Sichtweise erlaubte es Neumann zugleich, den Dynamismus des Nationalsozialismus, eines durch äußerste Formlosigkeit gekennzeichneten Herrschaftssystems koexistierender und konkurrierender Herrschaftsapparate, auf den Begriff zu bringen. Jürgen Bast ordnet die Neumannschen Arbeiten in ihren zeitgeschichtlichen und rezeptionsgeschichtlichen Kontext ein, wobei insbesondere die Beziehungen zu H. Laski, C. Schmitt, K. Renner und R. Hilferding herausgearbeitet werden. Damit ermöglicht er Einblicke in die Strukturen der NS-Herrschaft, in die Ideengeschichte der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung und trägt zur Klärung zentraler Kategorien der modernen Staats- und Rechtstheorie bei.