Psychosomatik als Wissenschaft
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Der Berner Internist Rolf Adler, Schüler von George Engel und Thure von Uexküll, gilt als einer der intelligentesten, kritischsten und originellsten Psychosomatiker der Gegenwart. Die vorliegende Sammlung seiner Arbeiten hat vier Schwerpunkte: Theorie der Medizin: Jedes Handeln in der Medizin wird durch Modelle geleitet, ob bewußt oder unbewußt. Bei konsequenter Berücksichtigung des biopsychosozialen Modells wird der Patient zum Subjekt, zu einer eigenständigen Persönlichkeit mit einer Krankheit. Dadurch erfährt auch die Aufgabe des Arztes eine andere Gewichtung. Die Beziehung zum Patienten, seine Gefühle ebenso wie die des Arztes erhalten in Diagnostik und Therapie eine Bedeutung, die mit den Befunden vergleichbar ist, wie sie im Körperstatus oder durch Laboruntersuchungen erhoben werden. Medizinische Ausbildung: Für Adler stehen Chefvisite, Patientenbesprechungen und Teamsitzungen ebenso im Dienste des Lernens wie Vorlesungen oder Seminare. Nur in stetem „learning by doing“ kann der Studierende den so wichtigen Unterschied zwischen traditioneller additiver Denkweise und echter Integration von körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren erkennen, und er lernt gleichzeitig den Umgang mit dem Patienten, etwa wenn dieser weint, schweigt oder sich verweigert. Klinische Tätigkeit: Sorgfältig und einfühlend erhobenes Interviewmaterial, das neben den mit Akribie identifizierten Dimensionen der Symptome auch die sozialen Beziehungen des Patienten und die Reaktion des Untersuchers selbst berücksichtigt, macht es bei einer großen Zahl von Patienten möglich, die Diagnose anhand positiver Kriterien zu stellen, die dann auch Ausgangspunkt für das therapeutische Handeln darstellen. Eine Diagnose nicht per exclusionem, sondern anhand positiver Kriterien, ist für viele auch heute noch ungewohnt. Adler zeigt die VorausSetzungen dazu auf. Medizin und Komplementärmedizin: Daß viele Patienten in der traditionellen Medizin nicht vollständig „gehört“ und „gesehen“ werden, treibt sie häufig in die Arme von Heilern und sogenannten unkonventionellen Medizinern. Adler macht deutlich, daß die Hinwendung zur alternativen Medizin oft keine Alternative darstellt, sondern ein Symptom ist für das Versagen einer früheren Arzt-Patienten-Beziehung. Originelle, kritische, oft auch unbequeme Gedanken erwarten den Leser bei der Lektüre dieses Bandes. Wer Adler kennt, weiß, daß er sich ebenso kritische und unbequeme Leserinnen und Leser wünscht.