Der dorische Stil in der deutschen Baukunst
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In Deutschland hat es eine »Renaissance-Architektur« im strengen Sinne des Wortes nie gegeben. Die Baukunst der frühen Neuzeit nördlich der Alpen orientierte sich weder an der Antike noch an italienischen Vorbildern, sondern nutzte eine literarische Quelle: »Die Zehn Bücher über die Architektur« des augusteischen Architekten und lngenieurs Vitruvius. Sein Text, das einzige umfängliche Zeugnis über die Theorie und Praxis der Architektur, das sich aus der Antike erhalten hatte, war im 15. Jahrhundert wiederentdeckt und alsbald in Italien mehrfach gedruckt worden. Unter dem Titel »Vitruvius Teutsch« erschien 1548 in Nürnberg eine deutsche Übersetzung, bald darauf auch exegetische Schriften, die den deutschen Bauherren und Baumeistern beim Entwerfen zeitgemäßer Bauwerke Hilfe leisten sollten. Deshalb steht eine Inhaltsübersicht des Vitruvius Teutsch im Zentrum der hier vorgelegten 10 Kapitel über die neuzeitliche deutsche Baukunst. Besonderes Gewicht legte man auf den regelrechten Gebrauch der fünf klassischen Baustile oder Säulenordnungen, denn nur damit konnten die deutschen Steinmetzen und Baumeister beweisen, daß sie die Zeichen der neuen Zeit verstanden hatten. So gut wie unbekannt war in Deutschland anfangs die heroische dorische Ordnung, die von den Griechen stammte und von den Römern und Vitruv der Neuzeit vermittelt wurde. An den hier gezeigten Beispielen dorischen Bauens aus vier Jahrhunderten deutscher Architekturgeschichte lassen sich sowohl die Unterwerfung der deutschen Architekten unter die vitruvianischen Regeln als auch ihr charakteristischer Ausdruckswille erkennen.