Das romantische Gebirge
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Ein wildes sächsisches Felsengebirge in Gedanken Werner Lierschs Entdeckung der Sächsischen Schweiz - Neuerscheinung im Chemnitzer Verlag Von Matthias Biskupek Chemnitz. Das Wandern ist des Müllers Lust; so klingt's in den auf Video gebannten Bergen, wenn das Fernsehen mal wieder Quote bei einer bestimmten Klientel machen will. Dabei ist Wandern ein modernes Freizeitvergnügen, das Sport, Landschafts- und Kunstgenuss sowie Geselligkeit vereinen kann. Das Wandern ist des Lierschs Lust, könnte man für den Schriftsteller, den Romancier und Fallada-Biografen, den Kritiker und Berliner Werner Liersch formulieren. Seine Lust am Wandern und speziell an einem skurrilen Felsengebirge, das mitten im gemütlichen Sachsen aufragt, entdeckte Liersch als 17-Jähriger, als er aus dem kriegsgeschädigten Berlin via Bombenwüste Dresden hinaus ins Polenztal kam. So schreibt er es im letzten Kapitel seiner „Alten Wege durch die Sächsische Schweiz“, erschienen im Chemnitzer Verlag. Da hat man schon die Beschwerlichkeiten der Entdecker dieses winzigen Wanderfleckens hinter sich; die Entwicklung von Verkehr und Gastronomie zwischen Sandsteinfelsen; die Lebenswege des Pastors Götzinger, der den Urwanderführer durchs Elbsandsteingebirge vor 200 Jahren schrieb. Liersch hat sich nicht mehr, aber auch nicht weniger vorgenommen, als zu erkunden, wie aus dem kaum erforschten wilden Gebirge vor den Toren der königlich-sächsischen Residenz ein Naherholungsgebiet, ein Kletterparadies, ein Touristenmagnet wurde. „Das romantische Gebirge“ hat viele berühmte Maler und einige bekannte Dichter angeregt: Caspar David Friedrich, Ludwig Richter; Tieck, Immermann und Theodor Körner seien genannt. Liersch führt vor, wie das sächsische Gebirge für sie wichtig wurde und wie im 19. Jahrhundert Demokratie und Ideallandschaft, Eroberung der Natur und künstlerische Empfindung zusammenklangen und zusammenstießen. Der Autor hat sein Buch für diesen Zweck mit ein paar ausgezeichneten Landschaftsfotos und mit den Reproduktionen vieler zeitgenössischer Stiche, Zeichnungen und Malereien ausstatten lassen; eine noble Typografie macht aus dem erstaunlich preiswerten Band jenes ästhetische Erlebnis, das dem Inhalt angemessen ist. Denn natürlich will der Autor über dem Ausgraben alter Wanderbeschreibungen, die er für uns lesbar macht, über den Erzählchens, wie ein Pfarrer sein Liebchen, ein Maler sein Thema und ein Festungskommandant seinen Tod fand, etwas mehr über den Menschen sagen. Vielleicht dies, wie Landschaften zivilisiert wurden, aber wie auch Landschaften zur Zivilisation des Menschen beitragen können, sofern sie nicht immer und immer nur im Sinne von Wirtschaft und Finanzamt gemodelt werden. In erster Linie aber unterhält das Buch durch den kundig redenden Wanderführer Liersch, der für uns Lektüre aufblättert und an spannenden Stellen auch mal wieder zuschlägt. Manchmal mag man ihm widersprechen, so bei der Behauptung, eine Sächsisch-Deutsche Revolution von 1790 sei nicht bekannt geworden; in der Lommatzscher Pflege, hatten die Bauern exakt 1790 durchaus die Faxen dicke, wie man in Sachsen sagt. Und wäre im Buch zur Orientierung noch eine Karte abgedruckt worden, auf der man die Wege vom Kuhstall nach Herniskretschen, vom Königstein zum Prebischtor mit dem Finger abwandern könnte, müsste man dem „Romantischen Gebirge“ die höchste Form des Berliner Lobes zollen: Da kannße nich meckern!