Spiegelungen
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Welche Räume öffnen sich, greift eine Autorin der Gegenwart auf den Mythos zurück? Welche Möglichkeiten, mit damaliger und heutiger Zeit umzugehen, eröffnen sich, wenn Figuren des kulturellen Gedächtnis wiederbelebt werden, um der Frage nach Selbst- und Fremdbestimmung, dem Widerstreit des Einzelnen mit sich selbst und der Gesellschaft nachzugehen? Sowohl in Kassandra als auch in Medea. Stimmen sucht Christa Wolf mit Hilfe des Mythos die Gründe auszuloten, welche die beiden Frauenfiguren in ihre Negativschablonen pressten. Dabei setzt sie den der Mündlichkeit verpflichteten Mythos einer sich im Schriftlichen entfaltenden Literatur entgegen - einer Literatur, deren Niederschrift sich über Jahrhunderte hinweg an einer von Männern vorgegebenen, ästhetischen Blickrichtung orientierte. Letztlich wird allerdings auch der Mythos selbst als in Machtstrukturen befangen entlarvt. Mündlichkeit und Schriftlichkeit einerseits sowie Wirklichkeit und Möglichkeit andererseits bilden die Pfeiler, zwischen denen die vorliegende Studie die Auseinandersetzung Christa Wolfs mit Geschichte und ihrer Herausbildung in der narrativen Überlieferung spannt. Entscheidende Impulse für die Offenlegung der politischen Dimension der Wolfschen Texte verdankt die Studie den Analysen zweier zeitgenössischer Philosophen: Michel Foucault (Heterotopie) und Giorgio Agamben (Homo sacer. Il potere sovrano e la nuda vita).