Unheilige Kriege im Herzen Asiens
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Wer Nachrichten verfolgt, weiß, dass der Krieg in Afghanistan noch nicht vorüber ist. Ganz im Gegenteil: Hinter dem „Problemland“ Afghanistan steht die komplizierte Region Zentralasiens mit uralten, einander weit verzweigten Handelslinien, die im 21. Jhdt. Diskussionen über Pipelines mit zentralasiatischen Ölfunden hervorrufen. Wirtschaftliche Interessen und politische Hegemonialkämpfe bestimmen diesen Teil der Erde seit Menschengedenken. Doch erst die Terroranschläge in New York und Washington am 11. September 2001 rückten Afghanistan wieder ins internationale Rampenlicht und mit ihm jene angrenzenden zentralasiatischen Republiken, die erst nach dem Untergang der Sowjetunion unabhängig geworden und noch immer Terra incognita sind: Tadschikistan, Usbekistan, Kirgisistan, Turkmenistan und Kasachstan. Der bekannte deutsche Journalist und Auslandskorrespondent Werner Adam, der die ganze Region über viele Jahre hinweg als Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung teils vom indischen Subkontinent, teils vom Zentrum des einstigen östlichen Imperiums aus beobachtete, stellt in anschaulicher Weise den Gang der jüngsten Entwicklungen in diesem konfliktreichen Teil Asiens vor dem Hintergrund seiner historischen Ausgangslage dar. Werner Adam beschreibt eine Region, die bei aller politischen und wirtschaftlichen Instabilität zugleich über beträchtliche Energievorkommen verfügt und entsprechende Begehrlichkeiten weckt, ganz zu schweigen davon, dass sich hier die Interessen von nicht weniger als fünf Atommächten (!) kreuzen. Es gibt also reichlich Anlass, dieser Weltgegend auch ein Jahr nach dem 11. September weiterhin größte Aufmerksamkeit zu schenken: Auf der Suche nach den Ursachen dieser folgenschweren Geschehnisse sind, wie Adam betont, nicht wenige Beobachter zu dem Schluss gekommen, der 11. September 2001 sei auch und vor allem darauf zurückzuführen, „dass die Vereinigten Staaten und der Westen insgesamt Afghanistan nach dem Rückzug der Sowjets 1989 den Rücken kehrten“. So formulierte es die „New York Times“, die von einem fatalen Fehler sprach, der sich nicht wiederholen dürfe. Zu dieser Warnung kam das Blatt, kaum dass es den Amerikanern in einer groß angelegten Militäraktion überraschend schnell gelungen war, dem Regime der Taliban ein Ende zu setzen und die Stützpunkte des transnationalen Terrorismus am Fuße des Hindukusch zu zerstören. Der nach wie vor anhaltende Kampf gegen das restliche Netzwerk von Al Qaida und der Einsatz der Internationalen Schutztruppe in der afghanischen Hauptstadt Kabul machen zwar täglich aufs Neue deutlich, dass der geschichtsträchtige Berg- und Wüstenstaat im Herzen Asiens noch weit davon entfernt ist, sich nach dreiundzwanzig Jahren Krieg zu einem stabilen Gemeinwesen zu entwickeln. Doch trotz einer gewissen Ratlosigkeit der Staatengemeinschaft hinsichtlich der Mittel und Wege zur Wiedergesundung Afghanistans herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass das geschundene Land noch auf Jahre hinaus des politischen und wirtschaftlichen Beistands bedarf. Afghanistan ein weiteres Mal „im Stich zu lassen“, wie sein Präsident Hamid Karzai zu befürchten scheint, käme – so auch Werner Adam – einem internationalen Desaster mit verheerenden Auswirkungen für das betroffene Land und seine Nachbarn gleich.