Bildnisse auf der Bühne
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In vielen Kulturen und Religionen wird eine magische Analogie zwischen einem Bildnis und seinem Original angenommen. Ästhetisch anverwandelt erscheint der Glaube an eine solche Stellvertreterschaft in der Literatur, und ein Porträt bringt in einen poetischen Text die zaubrisch-machtvolle Vergangenheit seiner Gattung als eine jederzeit abrufbare Mitgift hinein. Die Untersuchung zeigt, wie daraus das Theater als ein Medium, das Aktionen bewegt und lebendig vorführt, eine ganz spezielle dramatische Wechselwirkung zwischen gemaltem Porträt und Figur entwickelt: Das Bildnis wird zum Agierenden, zum Quasi-Mitspieler. Von Shakespeare bis Ionesco, von Marivaux bis Kotzebue, von Mozart bis Sullivan haben Dramatiker und Komponisten innerhalb der europäischen Bühnengeschichte gemalte Porträts in dieser Funktion eingesetzt. Zugleich ermöglicht die Betrachtung des Phänomens ‘Bildnisse auf der Bühne’ neue Erkenntnisse über das Zusammenspiel von Theater und bildender Kunst, von Dichtung und Aberglaube, von psychischen und gesellschaftlichen Verkehrsformen.