"Stehst mitten drin im Land"
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Seit 1959 gedenkt man auf dem Ulrichsberg nördlich von Klagenfurt am ersten Oktobersonntag jedes Jahres der Toten des Zweiten Weltkriegs. Aus Kärntner Sicht handelt es sich um eine durch die Anwesenheit politischer, militärischer und kirchlicher Würdenträger geadelte europäische Friedensfeier, auswärtigen Medienberichten zufolge dagegen um ein in aller Öffentlichkeit abgehaltenes Treffen von ehemaligen SS- lern und Vertretern der europäischen Rechtsextremisten-Szene. Das Buch ist ein Teilergebnis der großen Kärntner Forschungsinitiative zur nationalen Frage, die von 1998 bis 2003 am Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgen-Forschung durchgeführt und von Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner geleitet wurde. Das Gesamtwerk erschien im Jahre 2004 als fünfbändige Gemeinschaftsproduktion der Verlage Heyn und Hermagoras unter dem Titel: „Stefan Karner (Hg.), Kärnten und die nationale Frage“. Das vorliegende Buch ist in Band 3 dieser Reihe: „U. Burz - H. D. Pohl (Hg.), Politische Festtagskultur - Einheit oder Einigkeit?“ vertreten. Walter Fanta, Germanist und Historiker, erkundet die Ulrichsbergfeiern über den Zeitraum von 1959 bis 2002. Die Stätte des Gedenkens, der Mythos Ulrichsberg und die Inszenierung der Feiern werden semiotisch ausgedeutet; die Gedenkreden und ihr Widerhall in der Öffentlichkeit, aber auch die Berichterstattung in den Kärntner Medien und die Gegendiskurse sind Gegenstand einer diskursanalytisch angelegten Untersuchung. Mit diesem wissenschaftlichen Ansatz gelingt es dem Autor, die proklamierten und die verschlüsselten Botschaften des Ulrichsbergtreffens herauszuarbeiten und deutlich zu machen, wen das selektive Gedenken ein- und wen es ausschließt, wem Versöhnung angeboten wird und wem nicht. In seinem ergänzenden Beitrag setzt sich Valentin Sima mit personellen Querverbindungen, politischen und ideologischen Hintergründen und institutionellen Verflechtungen der Ulrichsberggemeinschaft auseinander. Den unterschiedlichen Herangehensweisen der beiden Autoren ist es zu danken, dass das Phänomen Ulrichsberg jenseits simplifizierender Schwarzweißmalerei erstmals in seiner Mehrdeutigkeit und seiner komplexen Verknüpfung mit dem Mainstream der Kärntner Zeitgeschichte hervortritt.